Formsache
Triathlon Andreas Oschmann /
go-coach.de
"Heute war
ich nicht in Form..." – "Wenn ich erst wieder in Form bin..." – "Meine
Form ist ansteigend..." – "Wenn mein Formtief doch nur erst vorbei
wäre..." – "Ich befinde mich in der Form meines Lebens..." – so oder
ähnlich hört es sich an, wenn Sportler über ihre sportliche Entwicklung
oder auch "Nichtentwicklung" diskutieren. Doch was ist die Form? Spiegelt
ein gutes Wettkampfergebnis unsere Form wider oder ist diese Zeit
vielleicht doch mehr das Ergebnis einer optimalen Tagesform? Natürlich ist
eine neue persönliche Bestzeit immer das Ergebnis einer guten Form. Aber
wie gut ist sie tatsächlich – die momentane Form? War die gute Zeit
wirklich das maximal Mögliche oder könnten noch weitere Zeitverbesserungen
möglich sein – vielleicht über kürzere Distanzen?
Und wenn es
schlecht gelaufen ist – woran lag es dann? War es wieder die "Form", oder
doch die unzureichende Regeneration vom Wettkampf am letzten Wochenende?
Oder bin ich übertrainiert? Ist das vielleicht der Grund für die schlechte
Zeit? War der Gegenwind zu stark oder Strecke doch zu wellig? Ist es
sinnvoll, es in zwei Wochen noch einmal zu versuchen, in der Hoffnung,
dann endlich wieder ein besseres Ergebnis zu erzielen? Oder reicht die
momentane "Form" nur für einen Aufbauwettkampf ohne Bestzeitambitionen?
Welche
Möglichkeiten zur Formüberprüfung gibt es?
1.
Labor-Leistungstests (Conconi u. a.) Diese Tests sind meist mit
einem relativ hohen finanziellen, organisatorischen und zeitlichen
Aufwand verbunden. Zudem sind die Ergebnisse sehr von der Tagesform
beeinflusst. Nur wenn diese Tests unter exakt gleichen Bedingungen
mehrmals wiederholt werden, kann eine Aussage über die tatsächliche Form
und deren Entwicklung getroffen werden. Das Ergebnis aller getesteten
Parameter hängt sehr stark vom aktuellen Erholungsgrad des Organismus
und der Muskulatur ab. Der gleiche Test unter nur leicht
unterschiedlichen Erholungsbedingungen durchgeführt, kann daher zu sehr
unterschiedlichen Ergebnissen führen. Ein weitere Nachteil dieser Tests
ist der Umstand, dass die Sportler in den Bereich ihrer maximalen
Leistungsfähigkeit gebracht werden. Deshalb bedeuten diese
Leistungstests eine sehr hohe psychische und physische Belastung. Sie
sind also nicht problemlos in jede Trainingsphase
integrierbar.
2. Formbeurteilung
anhand von Wettkampfergebnissen Wettkämpfe
stellen immer eine hohe physische und psychische Belastung dar. Aus
diesem Grund werden sie nur relativ selten gelaufen und sind daher zur
permanenten Formbestimmung nur bedingt geeignet. Zudem ist die
Beurteilung von Wettkampfergebnissen recht schwierig. Wie oben bereits
beschrieben spielen viele Faktoren eine Rolle, wenn ein
Wettkampfergebnis beurteilt werden muss. Im ersten Abschnitt wurde
bereits kurz darauf eingegangen. War die Zeit sehr gut, scheint auch die
Form sehr gut gewesen zu sein. Doch wer weiß, vielleicht hätte das
Wettkampfergebnis bei optimaleren Bedingungen sogar noch besser
ausfallen können? War sie dagegen weniger gut, können neben einer nicht
ausreichenden Form viele andere Umstände ein besseres Ergebnis
verhindert haben. Die Streckenbeschaffenheit, der Rennverlauf, das
Wetter, der Erholungszustand, die Motivation, die Konkurrenzsituation –
alles Faktoren die einen Rennverlauf beeinflussen. Aus einem
Wettkampfergebnis auf die tatsächliche Form oder gar die Formentwicklung
schließen zu wollen, ist deshalb recht
problematisch.
Welchen Aussagewert haben
Trainingsergebnisse?
Viele
Sportler versuchen eine Formbestimmung anhand von Trainingsergebnissen.
Der entscheidende Nachteil dieser Art der Formkontrolle ist jedoch die
fehlende Objektivität. Ob man die "15-Kilometer-Hausstrecke" nun in 1:10
oder 1:12 Stunden zurücklegt, ist schließlich sehr stark
motivationsabhängig. Wer sich selbst eine gute Form attestieren möchte,
läuft eben etwas flotter. Dies ist meist kein Problem, da Trainingsläufe
fast immer deutlich unter dem Wettkampftempo stattfinden und entsprechend
viel "Luft" vorhanden ist. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der
problemlosen Durchführbarkeit. Da jeder Ausdauersportler relativ häufig
aus seinen "Hausstrecken" trainiert, können entsprechend viele
Vergleichswerte für eine Auswertung herangezogen werden. Der Nachteil ist
– wie schon erläutert – die fehlende Objektivität. Insgesamt betrachtet
scheint die Beurteilung der Trainingsergebnisse dennoch die praktikabelste
Möglichkeit zu sein, die Entwicklung der sportlichen Form fortlaufend zu
beurteilen.
Eine
zuverlässige Aussage über die Form
Die Kernfrage
lautet: Wie lange benötige ich für eine bestimmte Distanz bei einer
definierten Belastung, die wir anhand der Pulsfrequenz ablesen
können? Um eine Aussage über die momentane Form treffen zu können, benötigt
man sowohl eine definierte "äußere Belastung" als auch eine definierte
"innere Belastung". Die "äußere Belastung" wird hauptsächlich bestimmt
durch die Streckenlänge, das Streckenprofil, die Streckenbeschaffenheit
und die Witterungsverhältnisse. Der Begriff "innere Belastung" ist sehr
gut mit "Anstrengung" zu übersetzen. Je größer die Anstrengung, desto
höher die innere Belastung. Ein Wettkampf bedeutet also eine sehr viel
höhere "innere Belastung" als ein lockerer Trainingslauf. Nun gilt es, diese
beiden Belastungsarten zueinander ins Verhältnis zu setzen. Um die
sportliche Form beurteilen zu können, benötigen also eine Aussage darüber,
in welcher Zeit eine bestimmte Strecke mit welcher Pulsfrequenz
zurückgelegt werden kann. Pulsfrequenz und
"innere Belastung" (Anstrengung) stehen immer in einem bestimmten
Verhältnis zueinander. Je größer die Anstrengung, desto höher die
Pulsfrequenz – und umgekehrt. Daraus können nun folgende
Schlussfolgerungen gezogen werden:
- Je
niedriger der Puls bei gleicher Zeit und Strecke, desto besser die
Form.
- Je höher
der Puls bei gleicher Zeit, desto schlechter die Form.
- Je besser
die Zeit bei gleicher Pulsfrequenz, desto besser die Form.
- Je
schlechter die Zeit bei gleicher Pulsfrequenz, desto schlechter die
Form.
Wie könnte
ein Trainingslauf zur Formkontrolle nun aussehen? Prinzipiell kann jeder
normale Trainingslauf zur Formkontrolle genutzt werden. Dabei spielt die
Länge der Strecke nur eine untergeordnete Rolle. Auch die topografische
Beschaffenheit ist ohne Bedeutung, da sie keinen Veränderungen
unterliegt.
Der
Formtest im Training
So wird der
Formtest im Training durchgeführt: An einem Pulsmessgerät mit
einstellbarer Ober- und Untergrenze werden ein oberer und ein unterer
Grenzwert mit einer Differenz von fünf Schlägen eingestellt. Dieser
Frequenzbereich sollte im Bereich zwischen 75 und 80 % der eignen
maximalen Pulsfrequenz liegen. Nun wird die gewählte Trainingsstrecke
exakt innerhalb dieses Bereiches gelaufen. Hierbei muss ein Über- oder
Unterschreiten der eingestellten Grenzwerte unbedingt vermieden werden.
Wenn nur sehr bergige Strecken zur Verfügung stehen, so kann es durchaus
sein, dass am Berg gegangen werden muss, damit der Pulsbereich nicht
überschritten wird. An der benötigten Endzeit kann man sehr gut ablesen,
in welcher Form man sich gerade befindet und wie sich diese im Vergleich
zu vorherigen Läufen entwickelt. Für die
Formkontrollstrecken sollten solche Trainingsstrecken ausgewählt werden,
die man im Training häufiger läuft. Je mehr Vergleichswerte man hat, desto
besser kann die Entwicklung beobachtet werden. Es ist immer wieder
erstaunlich, wie groß die Zeitdifferenzen bei unterschiedlichen
Witterungsbedingungen und unterschiedlicher Tagesform, aber gleicher
Pulsfrequenz, sein können. Optimal sind ein bis zwei Formkontrollläufe pro
Woche. Werden diese Ergebnisse nun regelmäßig in ein Koordinatensystem
eingetragen, kann die Formentwicklung exakt abgelesen werden. Leider hat
das beschriebene Verfahren zur Formkontrolle einen gravierenden Nachteil.
Es verlangt die strikte Einhaltung eines bestimmten Frequenzbereiches, so
dass diese Trainingsläufe zwangsläufig sehr "technisch" sein
werden.
Von der Form zur
Bestzeit
Unter der
sportlichen Form versteht man den momentanen Grad an Leistungsfähigkeit
innerhalb eines individuellen Leistungsspektrums. Im Saisonverlauf
unterliegt diese Form großen Schwankungen, was durchaus erwünscht ist und
mit unterschiedlich definierten Trainingszielen zusammenhängt. Vor allem
Athleten, die für einen längeren Zeitraum ein hohes Trainingspensum
absolvieren oder häufig Wettkämpfe bestreiten, benötigen eine
Trainingsperiode, die ausschließlich der vollständigen Regeneration
dient.
Geplante
und sinnvolle "Formtiefs"
Je größer die
Wettkampfhäufigkeit und je intensiver das Training während der
Wettkampfsaison war, desto stärker sollte die Reduzierung des Trainings im
Verlauf der Jahresperiodisierung ausfallen. Ein Triathlet, der in der
Wettkampfkampfsaison regelmäßig acht oder mehr Trainingseinheiten pro
Woche bewältigt hat, sollte sein Training am Ende der Wettkampfsaison
ruhig für einige Wochen auf unter 50% reduzieren. Dies wird zu einem
vorübergehenden Formverlust führen, der aber trainingphysiologisch
sinnvoll und durchaus erwünscht ist. Ziel dieser Trainingsperiode, die
durchaus vier bis sechs Wochen dauern kann, ist die vollständige
körperliche und psychische Regeneration.
Auch kleine
Verletzungen sollten in dieser Zeit vollständig kuriert werden. Ein ganz
wichtiges Ziel dieser Trainingsphase ist auch die Wiederherstellung der
Trainings- und Wettkampfmotivation. Diese hat im Verlauf einer
anspruchsvollen Wettkampfsaison oft sehr gelitten, wird aber nach
Beendigung dieser Übergangsphase wieder voll hergestellt sein. Athleten
begehen einen großen Fehler, wenn sie glauben, auf diese Phase stark
reduzierter Trainingsbelastung verzichten zu können um "keine Zeit zu
verlieren". Doch es bedarf nur weniger Wochen intensiveren Trainings, um
wieder Anschluss an die Form des Vorjahres zu finden.
Diese
Tatsache wird unter anderem auch dadurch belegt, dass Athleten oft nach
langen Verletzungspausen und relativ kurzer Trainingszeit sehr schnell
wieder hervorragende Leistungen erbringen. Also bitte nicht das ganze Jahr
"durchpowern"! Der angestrebte Formverlust sollte in jeder
Ausdauerdisziplin durchschnittlich zwischen 5 und 10% Zeitverlust liegen.
Wenn die üblichen Trainingsstrecken regelmäßig zur Formkontrolle verwendet
werden, ist der kontrollierte Formverlust sehr leicht zu steuern. Erst
wenn diese Zeitveränderungen wirklich erreicht sind, sollte das Training
langsam wieder extensiviert, später auch intensiviert werden. Zur
Kontrolle der Formentwicklung empfiehlt sich daher unbedingt das
regelmäßige Führen eines Trainingstagebuches.
Zehn bis
zwölf Wochen vor den ersten wichtigen Wettkämpfen sollte das Training
wieder so gestaltet werden, dass ein Formanstieg zu verzeichnen
ist.
So nutzt
man seine Form zur Wettkampfplanung
Sowohl die
gegenwärtige Form als auch die Formentwicklung sollten bei der
Wettkampfplanung eine große Rolle spielen. Es macht einen erheblichen
Unterschied, ob ein Wettkampf nur dem Formaufbau dient oder ob eine
persönliche Bestzeit angestrebt wird. Der hauptsächliche Unterschied
besteht darin, dass Aufbauwettkämpfe nicht mit hundertprozentigem Einsatz
gelaufen werden sollen, wohingegen die angestrebte persönliche Bestzeit
fast immer eine Grenzbelastung darstellt. Das bedeutet, dass ein relativ
"lockerer" Wettkampf zwar sehr gute Anpassungsreize setzt, die
anschließende Regenerationsphase aber nicht so lang und ausgeprägt sein
muss wie nach einem Wettkampf, bei dem die persönliche Leistungsgrenze
erreicht wurde.
Um
festzulegen, welchen Zweck ein Wettkampf erfüllen soll, ist ein Blick auf
die Formkurve sehr hilfreich. Aufbauwettkämpfe sind immer dann sinnvoll,
wenn die Formkurve noch keine Hochform signalisiert. Dann ist es ratsam,
Wettkämpfe so zu gestalten, dass ein kontinuierlicher Trainingsaufbau
möglichst nicht unterbrochen wird. Erst wenn sich die Formkurve einem
neuen Höchststand nähert, werden "Bestzeit-Wettkämpfe" sinnvoll und
vielversprechend. Wer gar Formaufzeichnungen über mehrere Jahre
aufzuweisen hat, kann noch besser entscheiden, welche Art der
Wettkampfplanung gewählt werden sollte. Er hat dann einen guten Überblick
darüber, welche Form in der Vergangenheit zu welchen Wettkampfergebnissen
geführt hat.
Enorme
Schwankungen der Tagesform
Es ist immer
wieder erstaunlich, welch erhebliche Formschwankungen von Tag zu Tag
eintreten können. Zeitdifferenzen von über 10 % sind bei sehr
unterschiedlichen "äußeren" und "inneren" Bedingungen durchaus möglich.
Zehn Minuten Zeitdifferenz von der besten zur schlechtesten Zeit sind bei
einer Trainingsstrecke, für die man bei gleicher Pulsfrequenz
normalerweise eine Stunde benötigt, absolut normal.
Diese
Zeitdifferenzen sind natürlich nicht Ausdruck der saisonalen Form, sondern
spiegeln nur die Tagesform und die momentanen Trainingsbedingungen wider.
Deshalb ist es sehr wichtig, durchschnittliche Trainingsergebnisse für die
Formbeurteilung heranzuziehen. Es empfiehlt sich der Durchschnitt der
jeweils letzten drei Trainingsergebnisse, wenn diese innerhalb von zwei
Wochen zustande gekommen sind. "Ausrutscher" nach unten sollten bei der
Formbeurteilung weniger Berücksichtigung finden.
Übertraining führt zum Formverlust
Eine mögliche
Ursache für einen vorübergehenden Formverlust ist ein eventuelles
Übertraining. Wer jeden Tag hart trainiert und am Wochenende noch
zusätzlich Wettkämpfe bestreitet, ist stark gefährdet, irgendwann in ein
Übertraining zu geraten. Jeder Organismus toleriert nur ein bestimmte
maximale Trainingsbelastung. Diese ist hauptsächlich abhängig vom
biologischen Alter, der Erholungsfähigkeit, den beruflichen und privaten
Belastungen und der sportlichen Leistungsfähigkeit.
Wird diese
individuelle Grenze über einen längeren Zeitraum überschritten, finden
keine Anpassungen mehr statt – man trainiert sich "in den Keller". Das
Ergebnis ist eine Stagnation oder sogar ein Rückgang der Form und
dementsprechend schlechte Wettkampfergebnisse. Wenn ein Formverlust mit
Schlafstörungen, Trainingsunlust oder erhöhtem Ruhepuls einhergeht, ist
mit großer Wahrscheinlichkeit ein Übertraining anzunehmen. Da hilft nur
eine deutliche Reduzierung des Trainingsumfangs und vor allem eine
drastische Reduzierung der Trainingsintensität für mindestens eine
Woche.
Trainingsinhalte müssen verändert werden
Wer seinem
Körper immer nur die gleiche Trainingsrunde bei gleicher Pulsfrequenz
abverlangt, wird sehr bald eine Stagnation der Formentwicklung
feststellen. Der menschliche Organismus baut für jede Belastungsform
"Reserven" auf, die ihn in die Lage versetzen sollen, eine ähnliche
Belastung in Zukunft besser tolerieren zu können. Dieser Trainingseffekt
wird aber nur erreicht, wenn die Anforderungen oberhalb einer bestimmten
"Anpassungsschwelle" liegen. Wenn der Sportler sich z. B. einmal an die
immer wiederkehrende Belastung eines Trainingslaufes von 10 km und einer
Pulsfrequenz von 145 Schlägen/Minute "gewöhnt" hat, sieht er irgendwann
keinen Grund mehr für den Aufbau zusätzlicher Reserven. Schließlich
entspricht seine Leistungsfähigkeit genau dem, was ihm abverlangt wird.
Wenn dieses Stadium einmal erreicht ist, bringt auch die Steigerung des
Trainingsumfanges bei gleicher Trainingsintensität kaum noch
Fortschritte.
Allerdings
hilft schon eine gelegentliche Erhöhung der Trainingsintensität um aus der
Anpassungslethargie zu erwachen. Eine vielseitige Variation der
Trainingsinhalte ist wichtiger als eine bloße Erhöhung des
Trainingsumfanges! Wenn also bei gleichem oder erhöhtem Trainingsumfang
weder ein Übertraining noch gesundheitliche Probleme vorliegen und es
dennoch zu keiner Formverbesserung kommt, so sind mit großer
Wahrscheinlichkeit die Trainingsformen zu verändern.
Schon ein
einziger Tempo- oder Tempowechsellauf pro Woche kann dieses Problem lösen.
Den gleichen Effekt haben natürlich auch Wettkämpfe über kürzere
Distanzen, die jedoch nicht "voll" gelaufen werden sollten. Sie stellen
vor allem für den ambitionierten Leistungssportler ein wichtiges
Trainingsmittel dar.
Gesundheitliche Probleme und die Form
Ein weiterer
Grund für einen unerklärlichen Formverlust kann auch eine "Grippe im
Anflug" sein. Jede Form einer gesundheitlichen Belastung führt zu einem
merklichen Formrückgang. Und das oft schon lange, bevor man subjektiv ein
Krankheitsgefühl verspürt. Das Immunsystems ist bereits sehr mit der
Abwehr einer Erkrankung beschäftigt, ohne dass dies unter Alltagsbelastung
bemerkt werden muss. Erst wenn dem Organismus zusätzlich sportliche
Leistungen abverlangt werden, tritt die verringerte Leistungsfähigkeit zu
Tage.
Wenn bei
unverändertem Trainingsaufwand und unveränderten Trainingsbedingungen ein
Übertraining ausgeschlossen werden kann und es dennoch zu einem
unerklärlichen Formverlust kommt, so muss immer mit einer beginnenden
Erkrankung gerechnet werden. Dabei muss es sich keineswegs um etwas
Ernstes handeln. Schon ein banaler grippaler Infekt kann einen solchen
Formverlust hervorrufen. In einem solchen Fall sollte die
Trainingsintensität so lange deutlich reduziert werden, bis die Ursache
für den Formverlust abgeklärt ist. Dass bei fiebrigen Erkrankungen auf
jeden Fall eine Trainingspause angesagt ist, dürfte allgemein bekannt
sein.
Das
Saisonmaximum ist erreicht
Entscheidend
für die Entwicklung der sportlichen Leistungsfähigkeit ist nicht allein
das Training der aktuellen Saison, sondern vielmehr auch die Anzahl der
Trainingsjahre, die der derzeitigen Leistungsfähigkeit zugrunde liegen.
Bei unverändertem Trainingsumfang und vergleichbarer Trainingsintensität
kommt es im Laufe der Jahre automatisch zu Leistungsverbesserungen, die
auf eine "Verzinsung" des Trainings der vergangenen Jahre zurückzuführen
sind. Eine deutliche Erhöhung des Trainingsumfanges und/oder der
Trainingsintensität sollte also nur dann vorgenommen werden, wenn es über
einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten zu keiner Leistungsentwicklung
mehr gekommen ist.
Viele
Athleten machen den Fehler, ihren Trainingsaufwand an der persönlichen
"Wunschzeit" zu orientieren. Dabei ignorieren sie völlig, dass Training
und Leistungsfähigkeit zueinander passen müssen. Wer derzeit 4:00 Stunden
für einen Marathon benötigt, aber für 2:44 Stunden trainiert, wird mit
sehr großer Wahrscheinlichkeit entweder ständig übertrainiert und/oder
verletzt sein. Zum Erreichen des persönlichen Maximums gehören neben einem
hohen Trainingsaufwand auch die entsprechenden Trainingsjahre. Deshalb ist
eine Verkürzung einer normalen Entwicklungszeit durch verschärftes
Training nur in sehr geringem Maße möglich und mit einem hohen Risiko
verbunden.
Wenn es gegen
Ende einer Saison zu keiner weiteren Formverbesserung kommt, ist dies fast
immer ein Zeichen dafür, dass das saisonale Maximum erreicht ist. Weitere
Leistungssteigerungen sind dann erst für die nächste Saison zu erwarten.
In diesem Fall ist weniger mehr! Nicht durch eine weitere Verschärfung des
Trainings, sondern eher durch eine längere Regenerationsphase wird der
Grundstein für weitere, zukünftige Leistungszuwächse gelegt.
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