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1978 - Die Premiere
18.
Februar 1978, Honolulu
25.
September 1974, San Diego Der erste Ironman Triathon der Geschichte markiert die offizielle Geburtsstunde des Triathlon und fand am 18 Februar 1978 auf der Hawaiianischen Hauptinsel Oahu statt. Zuvor hatten sich ein paar verrückte Kerle bei der Siegerehrung einer Laufveranstaltung nach ein paar Bierchen gefragt, welche Ausdauersportler denn die fittesten seien, die Schwimmer, die Läufer, oder vielleicht die Radler? Der Navy Mann John Collins kann sich irgendwie von der Diskussion lösen und kommt mit dem wunderbaren Vorschlag den besten Sportler in einem Wettkampf zu ermitteln, der drei renommierte lokale Wettkämpfe in den Sportarten zu einem zusammenfasst. So entstand aus dem traditionsreichen 2.4 Meilen Waikiki Rough Water Schwimmen, dem 112 Meilen Around Oahu Radrennen und dem Honululu Marathon der erste Ironmanwettkampf. Immerhin 15 Männer fanden sich an diesem denkwürdigen Tag am Start ein, und zwöf von ihnen finishten dann auch früher oder später das Rennen. Erster wurde in bemerkenswerten 11:46 Stunden ein gewisser Gordon Haller (Foto). Der erste Ironman war übrigens mitnichten der erste Triathlon. Der erste dokumentierte, kleine Prototriathlon fand am 25. September 1974 in Mission Bay, San Diego statt. Der Event wurde von Don Shanahan und Jack Johnstone ins Leben gerufen und fand mit den Jahren mehr und mehr Freunde. Unter den Startern waren in diesen Zeiten auch Namen, die man später in den Siegerlisten des Ironman Hawaii finden sollte, nämlich die beiden San Diego Locals Tom Warren und Scott Tinley. 1980 - Der
Durchbruch 1981 - Der
Umzug 1982 - Das
Double Quelle:
3athlon 2003
gekürzt Ergebnisse der drei Hawaii-Besten von 1978 bis 2004
Die Triathlongeschichte Deutschlands: 1980-82 Karsten Keßler 12/2007 - 02/2008 Es gibt ja bekanntlich solche zufälligen Ereignisse, die dich dann einfach nie mehr loslassen werden. 1980 stehe ich als junger Kerl im Frammersbacher Freibad und beobachte eine handvoll Leute, die aus heutiger Sicht in ungewohnter Reihenfolge nach 20 km Laufen und 50 km Radfahren noch 1.000 m Schwimmen. Oder es eben versuchen. Jedenfalls standen sie dann sauber im Ziel. Gerade noch war aus den USA über unser Land die Trimm-Trab-Welle hergefallen und hatte dabei viele Lauftreffs hinterlassen. Und nun schon wieder was Neues? Oder war es gar nichts? Einfach nur die Spinnerei großer Jungs an einem für sie sonst langweiligen Sonntag Mittag? Direkter
Vorläufer Julie Moss sollte erst im nächsten Jahr in Hawaii recht spektakulär über die Ziellinie krabbeln. Bis Ernst-Peter Berghaus in Essen den 1. Triathlon auf deutschem Boden austrägt, vergehen auch noch ein paar Monate. Und Normann Stadler sitzt im 30 km entfernten Wertheim vielleicht in der Schule und lernt gerade Lesen und Schreiben (bestenfalls). Trotzdem bin ich fasziniert von diesem kleinen Spektakel in meiner Heimatgemeinde. Von dieser Kombination der einfachen Grundsportarten Schwimmen, Radfahren und Laufen. Von Ausdauer, Schnelligkeit, Kraft, Technik, Muskeln, Sehnen, Schweiß und Wadenkrämpfen. Verwegene
Hunde Grüne
Wiese Es gibt nur eine duftige, grüne Wiese auf der wir alle stehen und jeder sich seinen eigenen Weg sucht. Vielmehr suchen muss! Meine Ausrüstung in dieser Zeit entspricht den tatsächlichen Ansprüchen - und keinesfalls mehr: eine Badehose, eine Sporthose (wichtig: mit den 3 Streifen) und Sportschuhe (wichtig: auch mit den 3 Streifen). Als Oberkörperbekleidung dient, wenn es warm ist, ein normales Unterhemd, oder ein T-Shirt für kühlere Temperaturen. Ist es richtig heiß, trage ich oben folglich gar nichts. Ich wundere mich noch heute, wie schnell man mit diesem Equipment sein kann. Wahrscheinlich sorgt eine minimale Ausrüstung gepaart mit Jugendlichkeit für eine beflügelnde Leichtigkeit im Kopf. Heute jedenfalls träume ich davon. Nutzlose
Bierhefe Hakende
Rennmaschine Ahnungslose
Experten Viele Ratschläge von allerlei selbsternannten Experten sind sowieso besser mit Vorsicht zu genießen (Fahre mittags 6 Stunden in der Hitze Rad und trinke nichts!) und mittlerweile längst verpufft, schicken aber den einen oder anderen von der grünen Wiese auf einen falschen Weg (ich frage mich gelegentlich, wieviele Sportler auf diese Weise verheizt wurden?). Auch das ist heute nicht viel anders, nur mit dem Zusatz, dass man vor lauter Ratschlägen die grüne Wiese u.U. schon gar nicht mehr sieht. Wohl dem, der einen guten Marathonläufer mit wohlüberlegten Ratschlägen in seiner Gruppe hat. Ein Großteil der Triathleten kommt nämlich direkt aus der Läuferszene mit den aus dieser Zeit noch üblichen hohen Ansprüchen an Umfang und Tempo. Auch einige gute Skilangläufer aus dem Schwarzwald und den Mittelgebirgen mit bereits fantastisch ausgeprägtem Herz-Kreislaufsystem bereichern die blutjunge Szene und schrauben die Ansprüche weiter nach oben. Dazu ein paar Radfahrer und sonstige bunte Vögel, die alles Neue ausprobieren müssen. Explosives
Gemisch 1983-85 Kühnel, noch immer vom Fieber gepackt, stellt 1984 den Franken-Triathlon in Roth auf die Beine, der in den Folgejahren national Standards setzen wird. Debus, auch noch fiebrig, gründet 1983 den DTV (Deutschen Triathlon Verband), einen der beiden Vorläufer der DTU. Günther Kissler, polarisierender Visionär aus Koblenz, erschafft 1984 den zweiten Vorläufer, den DTrB (Deutscher Triathlon Bund). Kurze Zeit später setzt er tatkräftig seine Idee vom Olympischen Triathlon um. Manche werden sich vielleicht noch mit Schrecken daran erinnern. Mit Manuel Debus und Detlef Kühnel sitzt 1982 auch der Schweizer Rene Friedli im Flieger. Ihm geht es nicht anders als den beiden Franken, auch er steht daheim unter Tatendrang und schickt am 22. Juli 1983 in Zürich 80 Wagemutige auf die original Ironman-Streckenlänge. Bunte
Baustelle Zwar zählt ein fleißiger Helfer die Schwimmrunden mit (offiziell sollen es natürlich 15 Helfer sein), aber letztendlich basiert viel auf Vertrauen. Ich frage mich, wie man 100 wild kreisende Schwimmer auseinander halten will. Wassertemperatur spielt keine Rolle. Wem es zu kalt ist, der bleibt halt einfach draußen und startet nicht. Die Räder haben wir bereits auf die Wiese gelegt oder in der Nähe an einen Baum angelehnt. Eine Wechselzone würde ich vergeblich suchen. Wer sich umziehen will, macht das auf der grünen Wiese (Männer) oder versteckt im Gebüsch (Frauen). Die Situationen beim Wechsel sind nicht selten bedenklich chaotisch. Wir kommen mit respektablen Abständen aus dem Wasser, ich ziehe mein T-Shirt und meinen Sturzring über, schlüpfe in meine Turnschuhe, zurre die Pedalriemchen bis kurz vorm Blutstau fest und rase los. Auf der Radstrecke bin ich meist alleine. Richtungshinweise sind nur spärlich vorhanden, aber ich habe mir gemerkt, dass es ein Rechtskurs ist und biege somit im Zweifelsfall einfach rechts ab. Überholende Autofahrer verringern ihre Geschwindigkeit, schauen verwirrt zu mir rüber, als ich am Sonntagmorgen mit meiner großen weißen Startnummer auf dem Rücken auf meinem viel zu kleinen Rad einsam über die Straßen heize. Der Veranstalter hat die geniale Idee, dass er vor dem führenden Läufer herläuft, um ihm die Strecke zu zeigen. Zwar ist er selbst ein begnadeter Läufer und schafft das locker, aber was ist mit den anderen, die später auf der kaum markierten Laufstrecke umherirren? Entsprechend kommen die Athleten dann auch aus allen Himmelsrichtungen durchs Ziel gelaufen. Ich finde irgendwann auch das kleine Ziel am Sportplatz, sprinte durch und freue mich riesig. Es ist ein Abenteuer, ein Chaos. Triathlon ist eine riesige Baustelle. Es gibt Verwirrungen im Ziel. Dann wird halt ein Sieger bestimmt. Es gibt wieder Diskussionen. Wie kann aus diesem ziellosen Durcheinander jemals eine vernünftige Sportart werden? Es macht doch jeder was er will, Veranstalter so wie Teilnehmer. Deutsche
Welle Ein Pionier des "Dreikampfs" Karen Hacke 08/2011 Als Dieter Schulz am 5. Juni 1983 ins Freiwasser-Becken der Rostocker Neptun-Schwimmhalle sprang, um den ersten 1000-Meter-Abschnitt seines Triathlon-Debüts zu bewältigen, konnte er nicht annähernd ahnen, dass er damit ein Stück Stadtgeschichte geschrieben hat. Vom Start weg führte er das Feld von insgesamt 41 Startern an, spielte seine Überlegenheit im Schwimmen als ehemaliger Profi-Athlet aus und konnte auch auf der 40 Kilometer langen Radstrecke in Richtung Satow einen Vorsprung herausfahren. Den brauchte der damals 37-Jährige auch. Denn Laufen, das ist nach eigenem Bekunden nicht gerade sein Steckenpferd. Doch es reichte am Ende. Auf der Zwölf-Kilometer-Distanz quer durch den Barnstorfer Wald konnte ihn niemand mehr überholen. In 2:15,28 Stunden holte Dieter Schulz den ersten Sieg bei seinem ersten "Dreikampf". Das ist deshalb so besonders, weil es auch der 1. Rostocker Triathlon war. Damals. Vor 28 Jahren. Schulz hatte ihn mit Freunden selbst aus der Taufe gehoben. Er erinnert sich: "In einer englischsprachigen Zeitung haben wir einen Artikel über den Ironman auf Hawaii gefunden. Wir hatten vorher nie von der Sportart Triathlon gehört und wollten das auch mal machen. Allerdings drittelten wir die Ironman-Strecke." Heute entspricht das der olympischen Distanz dieses Dreikampfs. Seitdem hat das Mitglied vom TC FIKO viele Triathlons bestritten. Woanders, aber auch in Rostock bei den darauf folgenden Auflagen. Ein Sieg ist ihm allerdings nie wieder gelungen. Bronze war noch einmal dabei, und dann zählte nur noch das Mitmachen. Der pensionierte Diplomsportlehrer begründet das mit seiner lockeren Berliner Schnauze so: "Alle begannen, sich im Training allmählich auf den Triathlon zu spezialisieren. Unsereins war aber zu faul dazu. Mit den Platzierungen ging es bergab, mit dem Gewicht hingegen bergauf." Mittlerweile bereut er ein wenig, dass er damals nicht ehrgeiziger war. Denn immerhin brachte es der heute 65-Jährige 1992 trotzdem zur Masters-EM in Frankreich, wo er mit dem Trabbi hinfuhr und Platz 74 belegte. Vor vier Jahren bei der Masters-WM in Hamburg war er ebenfalls dabei. Und auch an einen Halbironman traute er sich mal heran. Dem Rostocker Triathlon, der 2011 seine 29. Auflage feiert, ist er dennoch erhalten geblieben. Einige Jahre noch als Aktiver, nun als fleißiger Helfer. "Das Besondere an unserer Veranstaltung ist das Familiäre", weiß Dieter Schulz. "Der Zusammenhalt ist groß, und viele Teilnehmer kommen immer wieder her." Verändert hat sich seit 1983 einiges. Die Streckenführung ist nun komplett anders. Auch dadurch bedingt, dass das Rostocker Freiwasser-Becken, das damals als einziges in Mecklenburg-Vorpommern wettkampfmäßig betrieben wurde, seit 1987 brachliegt. Heute schwimmen die Triathleten in Warnemünde durch den Alten Strom, radeln über Diedrichshagen, Rethwisch und Bargeshagen zurück zum Leuchtturm und laufen Am Alten Strom Richtung Werft und Fischereihafen. Für die Zuschauer gewiss viel interessanter. 2011 wird der DDR-Vize-Meister von 1969 auf den Brust-Distanzen wieder an der Laufrunde stehen und die Strecke absperren. "Ich habe einen großen Mund, um die Urlauber zu stoppen", begründet er seine Eignung für diese Aufgabe. In den Momenten, in denen er nicht soviel zu tun hat, wird es anfangen zu kribbeln. In seinen Händen, in seinen Füßen. Überall. Dann wird sich Schulz wie jedes Jahr ärgern, dass er wieder zu faul war, sich auf einen Start vorzubereiten. Denn diesen Vorsatz fasst er nach jeder Veranstaltung aufs Neue. Aber 2012, wenn
der Rostocker Triathlon zum 30. Mal ausgetragen wird, will er auf jeden
Fall aktiv teilnehmen. "Das muss sein. Wir wollen dann einige Pioniere
von damals akquirieren und als Staffel an den Start gehen", sagt
der zweifache Familienvater. Sohn Steffen wird ihn bis dahin würdig
vertreten.
Der Pionier im DDR-Triathlon - Andreas Clauß von Michaela Widder 06/2018 Es sind die kleinen Geschichten hinter den großen Siegern. Die faszinieren Andreas Clauß. Wie eine Frau mit einem Fuchsschwanz am Rad als Talisman durch die Wechselzone rannte. Oder wie eine Hobby-Triathletin mit ihren mit Kräutern gefüllten Radtaschen am Start in Moritzburg stand, aber am Ende ihr Gepäck nicht mit auf die Strecke nehmen durfte. Und dann erzählt er seine Lieblingsanekdote von Moritzburg aus dem vergangenen Jahr. Da kam eine Triathletin direkt vom Flughafen nach Moritzburg. Als sie dann ihren Radkoffer in der Wechselzone öffnete, flogen auch alle ihre Schlüpfer raus. Niemand kann
so viele bunte Geschichten rund um den Schlosstriathlon erzählen
wie Andreas Clauß. Seit vielen Jahren ist er der Moderator, unverkennbar
mit seinem weißen Basecap, das er verkehrt herum trägt, und
dem weißen Hemd. Daran erkennen mich die Sportler, manche
richten sich kurz vor dem Ziel noch mal auf, in der Hoffnung, erwähnt
zu werden, erzählt er. Bei der 17. Auflage steht er am Wochenende
wieder an der Strecke. In seinen Moderationen steckt nicht nur Herzblut,
sondern auch viel Wissen. 1990 letzter DDR-Meister Der Leipziger war Triathlet der ersten Stunde in der DDR, und er war damals der erfolgreichste. Schwimmen, Radfahren, Laufen in Kombination galt hierzulande als eine Modesportart der westlichen Länder. Da dem Triathlon damals noch der olympische Status fehlte, hielt sich das Interesse vom Staat in Grenzen. Eine offizielle Förderung gab es nicht, trotzdem wurde 1984 in Leipzig ein Ausdauerdreikampf organisiert der erste Triathlonausscheid auf dem Boden der DDR. Zwei Jahre später startet Clauß, ein aussortierter Schwimmer von der Sportschule, in Potsdam. Ich kam als Erster aus dem Wasser und als 40. ins Ziel. Der Stachel saß tief. Ein Jahr später trat er dort wieder an und wurde er A3K-Meister der DDR. Seitdem war Triathlon für ihn wie eine Sucht. Bei der Weltmeisterschaft 1990 in Orlando wurde Clauß als 19. Bester des fünfköpfigen gesamtdeutschen Männerteams. Die anderen habe ich damit etwas schockiert, erinnert er sich. Im selben Jahr wurde er noch DDR-Meister über die Kurz- und Mitteldistanz und Dritter beim Europacup in der Türkei. Als Triathlet war er hierzulande ein Exot. Ich hätte bestimmt als erster Ossi davon leben können. Sogar ein paar Sponsorenverträge hatte er. Als die erste große Triathlonwelle 2000 von den USA nach Deutschland schwappte, beendete er seine Karriere. Im Osten hatte Clauß fast alle Rennen von Binz bis nach Immelborn gewonnen und kümmerte sich schon mal selbst um die Siegprämie. Aus der Formel 1 kannte ich das mit dem Sekt, wollte das unbedingt mal erleben, erzählt er. Also bin ich vorm Wettkampf in Stendal in den Konsum, habe eine Flasche Sekt gekauft und sie meinem Kumpel gegeben. Auf dem Siegerpodest bekam ich sie dann. Zum Nebenjob als Moderator ist er zufällig gekommen, weil die Veranstalter in Leipzig wollten, dass ich nicht schon wieder gewinne. Plötzlich hatte er das Mikrofon in der Hand. In diesem Jahr feiert er sein 20-jähriges Jubiläum, er moderiert auch viele Lauf- und Radveranstaltungen wie den Oberelbe-Marathon oder das Velorace in Dresden. Wenn er nicht als Teamleiter im Freizeitbad in Bad Lausick arbeitet, ist er bei 40 Wettkämpfen als Sprecher. Als eines der größten Triathlonevents in Mitteldeutschland ist Moritzburg längst ein Pflichttermin im Kalender, aber ein beliebter. Der 55-Jährige hat vor vielen Jahren mal die Sprintdistanz beim Schlosstriathlon gewonnen. Auf die Ironman-Distanz hat er sich aber nie gewagt. Dafür war ich als ehemaliger Wasserballer einfach zu kräftig. Ich kann mir auch nicht vorstellen, länger als vier Stunden Sport zu machen, erklärt er, und zieht vor jedem auf der Langstrecke den Hut. Es sind die ersten der rund 1 700 Athleten, die am Sonnabend um sieben Uhr in den Schlossteich springen müssen. Moritzburg ist eine der schönsten Triathlonveranstaltungen überhaupt, schwärmt er und zählt auf: Es sind die familiäre Atmosphäre, das besondere Flair mit dem Barockschloss, die kurzen Wege... Außerdem werden an dem Wochenende alle Strecken angeboten von der langen Distanz über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und dem Marathon bis zum Sprint. Und selbst für die Letzten im Ziel findet Andreas Clauß immer die passenden Worte, dass sie sich als Sieger fühlen. Ihre Geschichten sind of viel spannender. Für die Sieger interessieren sich doch immer alle. Artikel-URL: http://www.sz-online.de/nachrichten/der-pionier-im-ddr-triathlon-3951369.html
Vergessene
Meister 1984 wird Klaeren in England Sieger bei den noch inoffiziellen Europameisterschaften, 1985 in Immenstadt hinter dem Holländer Rob Barel Vize-Europameister und Alexandra Europameisterin. Karlheinz Morath, starker Skilangläufer aus dem Schwarzwald, gewinnt 1984 vor der versammelten US-Elite das Langstreckenrennen von Nizza (Bild, erstmals ausgetragen am 20. November 1982 mit 57 Teilnehmern) und wird 13. auf Hawaii. Hannes Blaschke aus dem Allgäu, später hinreichend bekannt als innovativer Kartonverkäufer und noch später als Reiseveranstalter, wird im gleichen Jahr am gleichen Ort 14. und läuft 1985 sogar auf Platz 4 ein. Jürgen Zäck hängt als junger Kerl bereits in den Startlöchern. Ich treffe ihn (Zack oder Zeck oder so) erstmals 1985 bei einem Vergleichswettkampf, den er natürlich gewinnt. Er wird für die nationale Elite in den nächsten Jahren derjenige sein, den es zu schlagen gilt. Und ich träume noch heute von so was. Jürgen, komm sofort wieder zurück an die Startlinie! Ohne Tabu
Es gibt praktisch keine Tabus. Ich höre etwas Neues und probiere es gleich aus. Dabei verlasse ich mich auf mein Körpergefühl und meinen guten Instinkt. Viel mehr habe ich eh nicht zur Verfügung. Lerne immer besser die Signale meines Körpers zu verstehen und horche beim Training intensiv in mich hinein. Beschäftige mich mit der Psyche, mit Konzentration, Meditation, Entspannung und mentalem Training. Ich werde zum Forscher, mein Körper wird zu meinem besten Freund und zu meinem härtesten Gegner. Diese Phase ist derart intensiv, dass ich wohl nie mehr von diesem Sport loskommen werde.Schlimme
Trainingsgruppe Einfaches
Material Bis 1985 rüste ich mächtig auf. Jedes Jahr kommt neues Material dazu. 1983 meine erste Speedo-Schwimmbrille und 1984 richtige Laufschuhe (natürlich mit 3 Streifen). 1985 ein Neopreananzug mit kurzen Armen und Beinen (das war der billigste) und ein sogenannter Trott-Helm. Mit echten Laufschuhen, der Schwimmbrille, dem Neoprenanzug, dem Helm und einem eigenen 800 DM-Rennrad bin ich 1985 endlich auf dem Stand der Zeit. Im Sommer 1985 kaufe ich in Immenstadt gar noch einen Triathlon-Einteiler, die in diesem Jahr richtiggehend Mode werden. Mehr braucht es eigentlich auch nicht, um schnell zu sein. Ich bin zufrieden und ahne dabei nicht, dass das alles erst der leise Beginn einer gigantischen Materialschlacht ist, die in den nächsten Jahren richtig Fahrt aufnehmen wird.
1986-88 Rother Festspiele: Die Jahre 1986, 1987 und 1988 sind stark geprägt von der Dynamik, die sich von Roth aus entwickelt. Konnten wir bisher unsere Stars aus Übersee nur in Hochglanzmagazinen bewundern, ist Scott Tinley 1986 zu Gast in Mittelfranken bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften über 2.5 Kilometer Schwimmen, 100 Kilometer Radfahren und 25 Kilometer Laufen. Er liefert sich bis zu seinem Radsturz mit anschließender Reifenpanne zunächst ein spannendes Duell mit Dirk Aschmoneit (German Rambo). Tinley, ganz Eisenmann, fährt aber zu Ende und läuft noch bis auf Platz 2 vor. Aschmoneit, der im gleichen Jahr als erster Deutscher auf der Langstrecke noch unter der magischen 9h-Grenze bleibt, gewinnt die Hitzeschlacht in 4:40 Stunden. Auf dem Rad und beim Laufen natürlich zeitgemäß und zur großen Freude der weiblichen Zuschauer nur mit neckischer Badehose bekleidet. Spätestens hier in Roth geht auch der nationale Stern des jungen Jürgen Zäck auf. Zwischenzeitlich führt er, wird dann zwar nur Vierter und kann die vor ihm liegenden Deutschen Aschmoneit, Rupp und Wachter noch nicht aufhalten. Sein ebenso leichtfüßiger wie schneller Ritt auf dem Rad lassen aber einiges für die Zukunft erhoffen. Bei den Frauen siegt wieder mal Alexandra Kremer, die nur 28 Minuten hinter Aschmoneit durchs Ziel läuft und national nach wie vor keine Konkurrenz zu fürchten hat. 1987 geht Detlef Kühnel als Organisator noch einen Schritt weiter und richtet die Europameisterschaften über 2 Kilometer Schwimmen, 92 Kilometer Radfahren und 20 Kilometer Laufen aus. Das schmucke Städtchen Roth erwacht jetzt endgültig! Weit über 50.000 Zuschauer stehen entlang der Strecken, feuern an und besorgen uns zurückhaltenden Triathleten eine ungewöhnliche Party. Ich wundere mich mehrmals, wo denn diese Zuschauermassen nur herkommen. Entlang der Laufstrecke werden auf einer Länge von 8 Kilometer Lautsprecher aufgebaut, die Zwischenstände übermitteln. Über den Rhein-Main-Donau-Kanal baut das Technische Hilfswerk in 600 Arbeitsstunden für die Zuschauer einen Steg. Die schnurgerade Schwimmstrecke, das leicht kupierte Gelände des Landkreises, die Begeisterung der Zuschauer und die perfekte Organisation sind beste Voraussetzungen für spannende und sehr schnelle Wettkämpfe. Der Brite Glenn Cook bringt erstmals den so genannten Scott-Lenker mit auf den Kontinent. Das schlägt ein, er gewinnt souverän in unter 4 Stunden und Zäck läuft auf Platz 3. Im gleichen Jahr lerne ich das geniale Rother System der Gastfamilien kennen. Zusammen mit einem jungen Australier (der große Bruder von Macca?) verbringe ich ein paar Tage am Rande von Roth in einer höchst freundlichen Familie. Neben einem bunt gedeckten Frühstückstisch, einem großen Gästezimmer und der netten Familie, erwartet uns tagtäglich der Besuch diverser Pizzerien und Eisdielen. Wir, die Triathleten, diese exotischen Ausdauersportler, sind in Roth der Hit des Sommers. Als dann auch noch kurz vor dem Wettkampf mehr oder weniger zufällig ein Bild von mir in der Lokalzeitung auftaucht, steigt mein Wert auf der Schwiegersohnbeliebtheitsskala in kaum mehr beschreibbare Dimensionen. 1988 bin ich erstmals nur als Zuschauer an der Strecke. Trotz mittlerweile mehreren Trainings- und Wettkampfjahren sind mir 3.8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer Laufen mindestens noch eine Nummer zu groß. Nicht zuletzt auch wegen 105 DM Startgeld, das für die Teilnahme beim erstmalig ausgetragenen Ironman Europe verlangt wird. Dafür starte ich doch lieber bei ein paar Kurztriathlons und kann dabei auch noch auf Sach- oder gar Geldpreise schielen. Der Holländer Axel Koenders gewinnt in 8:13 Stunden vor Aschmoneit (8:24 Stunden). Bei den Frauen trägt sich Rita Keitmann in die Siegerliste ein (10:07 Stunden). Mein Freund Benno ist auf der Strecke und irgendwo am Kanal gegen Ende der Laufstrecke begleite ich ihn auf 10 Kilometern (niemand kümmert das). Er ist noch gut drauf und teilweise läuft er den Kilometer in weit unter 5 Minuten. Etwas weiter hinten finde ich Günter, unseren 2:30h-Marathonmann. Er steht abwesend wirkend am Kanal, schaut in die falsche Richtung und versucht Wasser zu lassen. Ich zerre ihn wieder hoch auf die Laufstrecke, erkläre ihm kurz noch mal den richtigen den Weg (Laufe einfach gerade aus!) und schiebe ihn an. Auch er erreicht in einer tollen Zeit das Ziel. Damit hat Roth schon bis 1988 Wettkämpfe über 0.5-20-5, 1.0-40-10, 1.5-60-15, 2-92-20 und nun 3.8-180-40 ausgetragen. Angefangen mit den Bayerischen Meisterschaften (1985), dann den Deutschen (1986) und Europameisterschaften (1987), setzt Roth mit der Austragung des Ironman Europe (1988) erneut Maßstäbe und ist zunächst für 6 Jahre Qualifikationsrennen für Hawaii. Neben ersten Anzeichen eines gewissen Gigantismus (> 100 DM Startgeld, aufkommende Ironman-Hysterie), vergisst Detlef Kühnel aber nicht die unmittelbaren Probleme der kleinen Leute: als in einem Jahr mein Neopreananzug nach dem Rennen verloren geht, kümmert er sich selbst darum und überreicht ihn mir bei der Siegerehrung. Kleine Gesten mit großer Wirkung. Eindimensionaler Verstand Manche Dinge werden im Laufe der Zeit scheinbar komplizierter. Indem ich nun endlich weiß, was ich bin, nämlich ein Triathlet, hebe ich mich von dem gemeinen Schwimmer, Radfahrer und Läufer natürlich ab. Das schlägt sich auch im Training nieder. Es reicht nicht mehr, dass ich im Schwimmverein mitschwimme, am Wochenende zum Radverein gehe oder zum Laufen beim Lauftreff vorbeischaue. Die ersten Triathlon-Trainingsbücher erscheinen, ebenso wie allerlei Fachbeiträge in Fachmagazinen. Ich lasse folglich mein Herz vermessen und meine Lunge. Auf dem Ergometer dreht es mir die Augen aus dem Kopf, auf dem Laufband laufe ich im Laktatnebel um mein Leben. Ich studiere Zahlen, Kurven, Diagramme. Überlege nun plötzlich, wann ich was esse und wann nicht. Ich sauge alles Wissen in mich auf und befolge minutiös irgendwelche anonymen Trainingsvorgaben. Die Vorgaben empfehlen meist nur abstrakte Umfänge, eventuelle Geschwindigkeitsangaben beziehen sich halt auf den Schreiber (im schlimmsten Falls will er damit noch zeigen, was für ein toller Hecht er ist) und wenn ich sie abtrainiere, bin ich folglich entweder zu schnell oder zu langsam. Das gleiche Spiel ist es mit dem Puls: berghoch muss ich fast stehen bleiben, bergab komme ich nicht hinterher und überhaupt komme ich mit den Pulsvorgaben als ausgesprochener Langhuber am wenigsten zurecht. Alles ist sozusagen hartverdrahtet, starr, einsilbig, kaum allgemein verträglich und nicht vergleichbar mit heutigen Empfehlungen. Trainiere ich aber intuitiv und spontan aus dem Bauch heraus, so wie ich es gewöhnt bin, mache ich die größten Fortschritte. Versuche ich dann wieder mit meinem (bewussten) Verstand an die Sache zu gehen, fahre ich regelmäßig gegen die Wand. Erst mehrere Jahre später wird es mir klar: Verstand und Gefühl sind sehr eng miteinander verbunden, das Denken lässt sich nicht vom Fühlen trennen. Will ich also nur meinen Verstand einsetzen (Es ist Frühling, also muss ich eine lange Radtour machen.), bediene ich damit nur eine Dimension, bestenfalls vielleicht zwei. Verlasse ich mich auf mein Gefühl, bekomme ich ein mehrdimensionales Ergebnis, das mein Unterbewusstsein wie eine Rechenmaschine für mich ausspuckt, noch ehe mein Verstand einsetzt. Diese interne Rechenmaschine wurde und wird im Laufe der Zeit durch zahllose Trainingseinheiten gefüttert, ebenso beim Lesen von Büchern, Gesprächen, Zuhören, studieren von Zahlen und Kurven. Mein Gefühl ist im Grunde kein Gefühl, sondern das Ergebnis dieser unterbewußten Rechnungen. Wohingegen mein Verstand nur Eindimensionales hervorbringt. Die Frage, ob ich nach Gefühl oder Plan trainieren soll, stellt sich nicht mehr. Denn mein Gefühl trägt im Grunde auch einen logischen Plan mit sich, einen mehrdimensionalen sogar, den ich mit meinem eindimensionalen Verstand gar nicht erfassen kann. Gigantische Materialschlacht Wie erwähnt erscheint 1987 der Brite Glenn Cook erstmals auf dem europäischen Festland und gewinnt die Europameisterschaften in Roth. Welch ein Auftritt, als er auf seinem Scott-Lenker liegend über die Radstrecke donnert! Alle anderen sehen wahrlich alt aus. Die Triathlon-Szene ist schon längst von einer immer währenden Unruhe gepackt. 1984 bringt die französische Firma LOOK das erste Klickpedal auf den Markt. Ein Jahr später gewinnt Bernard Hinault damit die Tour de France. 1986 ist das Pedal bei den Triathleten angekommen, viel schneller als bei den konservativen Radfahrern. Triathleten saugen gerne alles ungefiltert in sich auf. Auch auf dem Markt der Neoprenanzüge tut sich vieles. Zunächst mit kurzen Armen und kurzen Beinen ausgestattet, setzen sich lange Beine durch. Danach lange Arme und insgesamt dickeres Material. Das Material wird nicht nur dicker, es wird auch schneller. Sportgerechte Funktionskleidung, anfangs noch sehr teuer, setzt sich auf breiter Basis durch. Neben dem Scott-Lenker wird auf schnellen Strecken das Scheibenrad zur Pflicht. Herkömmliche Speichenräder werden durch immer weniger Speichen ersetzt. Es ist ein ständiges Aufrüsten. Adidas bringt mit dem Torsion auch eine kleine Revolution auf den Laufschuhmarkt. Kaum ein Monat vergeht ohne Neuerungen, es ist die Zeit des permanenten um- und aufrüsten von Material und Ausrüstung. Fast noch beunruhigender und im krassen Gegensatz zur heutigen Zeit, kommen zudem viele Entwicklungen aus den Reihen der Athleten selbst. Verbindungen und Rohre werden an die Lenker geschraubt, Schaltungen und Bremsen ummontiert, Sattelstützen verbogen, Kettenblätter angebohrt, Neoprenanzüge ausgepolstert, Laufschuhe ausgehöhlt und viele legale und illegale Dinge mehr. Die Ausstattung ist noch nicht vom Kommerz vereinheitlicht und weist zum Teil große Unterschiede aus. Nationale Sauberkeit Dr. Joachim Fischer, unser Zahnarzt aus der Nachbargemeinde und bei jedem Triathlon auch selbst am Start, wird 1987 nicht mehr als DTU-Präsident wiedergewählt. Vorbei also die Zeiten, wo man neueste Informationen auf seinem Behandlungsstuhl oder bei Trainingsläufen erfährt. Stattdessen repräsentiert der noch unbekannte und meist aufgeräumt wirkende Hanauer Dr. Martin Engelhardt die Spitze der DTU. Die bunten Anfangsjahre auf der duftenden Wiese neigen sich langsam dem Ende zu und weichen allmählich einem umzäunten Bolzplatz. Auf unserem großen Abenteuerspielplatz Triathlon nehmen Bürokraten Einfluss und erfinden Dinge von enormer Wichtigkeit: Oberkörperbekleidung und Balken, die man in Wechselzonen nicht überfahren darf. Vorschriftsmäßig mit 4 Nadeln anzubringende Startnummern. Zelte, in denen man sich umzuziehen hat und fixe Zeiten, in denen man sein Fahrrad abgeben muss und abholen darf. Ab wann man wie lange bei welcher Wassertemperatur schwimmen darf und wann nicht. Freigeister, Abenteurer und Typen unter uns Triathleten tun sich damit etwas schwer. Können wir bald keine Entscheidung mehr fällen, ohne uns vorher genau zu überlegen, dass wir auch regelkonform handeln? An wichtige und brennende Dinge, wie die Windschattenproblematik, wird stiefmütterlich und halbherzig herangegangen. Vielleicht hätte ich doch mehr Luftpumpen schleudern sollen, anstatt darauf zu achten, dass meine Starnummer korrekt und bloß nicht geknickt am Rücken klebt? Neben diesem ersten Krebsgeschwür, dem Windschattenfahren, bildet sich ein weiteres bösartiges Geschwür heran. 1988 wird Scott Molina, der glorreiche Sieger von Hawaii, positiv auf Anabole Steroide getestet (spätere Gegenanalyse auch positiv). Der Test wird nach dem Nizza-Triathlon durchgeführt und Insider des amerikanischen Triathlonsport gehen davon aus, dass bei einem überraschenden Doping-Test aller Teilnehmer Scott Molina nicht der einzige Athlet wäre, bei dem ein positiver Befund festgestellt würde. In den USA (ergo Hawaii) gibt es bisher keine Doping-Politik, jegliche Tests sind auf freiwilliger bzw. anonymer Basis. Auch hier steht man am Anfang. Freilich, die grundlegende und primäre Stoßrichtung aller Anstrengungen der nationalen DTU ist natürlich klar und wichtig für unseren aufstrebenden Sport: Hier in Deutschland ist an eine Finanzierung des Triathlonsports über Sponsoren (so wie z.B. in den USA) gar nicht zu denken. Also muss man sich die nötige Unterstützung vom Deutschen Sportbund holen. Und um dort überhaupt anerkannt zu werden, braucht man entsprechende Reglements, die dem Triathlon eine einheitliche Richtlinie geben und die ständig steigende Zahl der Teilnehmer in geordnete Bahnen lenkt. Beginnende Teilung Entscheiden anfangs noch nacktes Talent und schlaue Taktik über Sieg und Niederlage, kommen im Laufe der Zeit verstärkt Trainingseifer und -ausdauer als entscheidende Faktoren hinzu und übernehmen letztendlich die tragende Rolle: auch der Talentierteste kann auf Dauer nicht die Trainingsumfänge des fleißigen Arbeiters kompensieren. Im gehobenen Amateurbereich werden mittlerweile wöchentlich schon Umfänge von 15 Kilometer Schwimmen, 400 Kilometer Radfahren und 60 Kilometer Laufen trainiert. Der Trainingsvorsprung der Triathleten aus den USA, der einfach auf einen früheren Beginn des dortigen Triathlonsports zurückzuführen ist, wird von den europäischen Spitzentriathleten Jahr für Jahr verkleinert. Um 1988 bei den Männern auf den Strecken 1.5-40-10 mit vorne zu sein, sind Zeiten von ca. 18 Minuten Schwimmen, 1 Stunde Radfahren (natürlich windschattenfrei) und 35 Minuten Laufen nötig. Frauen liegen mindestens 10 % dahinter bei deutlich weniger Konkurrenz. Eine leichte Schwäche (20-21 Minuten) beim relativ kurzen Schwimmteil setzt bereits eine äußerst starke Rad- und/oder Laufleistung voraus. Die besten Einzelzeiten liegen auf schnellen Strecken bei ca. 16:30 Minuten, 56-58 Minuten und 32-33 Minuten. Es geht also recht ordentlich vorwärts. Noch etwas ruhiger sieht es bei den Frauen aus. Simone Mortier hat Alexandra Kremer abgelöst und wird 1988 gleich zweimal Deutsche Meisterin (Kurz- und Mittelstrecke). Dafür erhält sie von ihren Sponsoren lediglich Materialien, aber kein Geld. Nach eigenen Angaben hat es bis 1988 zu maximal 300 DM Siegprämien gereicht. Bei den Deutschen Mittelstreckenmeisterschaften 1988 in Ettlingen sind lediglich 11 weibliche Starterinnen in der Startliste eingetragen. (Ich sah Simone im vergangenen Jahr bei einem kleinen Triathlon in der Nähe von Ulm und dachte mir dabei, dass es schon an Unverschämtheit grenzt, wie manche Menschen ihr Wettkampfgewicht über Jahrzehnte behalten). Ich selbst stehe irgendwo zwischen Schule, Ausbildung und Beruf und frage mich langsam ernsthaft, wie ich den steigenden Ansprüchen an Training und materiellen Kosten standhalten soll. Freue ich mich über eine Woche Training an der italienischen Adria, fliegen meine Konkurrenten gleich mal 2 Wochen nach Mallorca. Habe ich nun endlich einen eigenen Scott-Lenker montiert, tauchen im nächsten Jahr schon wieder neuere Modelle auf. Auch die Freude über meinen ersten Langarm-Neoprenanzug hält nicht lang an, denn schon gibt es erste brandheiße Importe aus den USA. Es ist schier zum Verzweifeln für mich. Große Entwicklungssprünge in immer kürzeren Zeiten und ich sehe staunend zu. Das Aushängeschild unseres Vereins und mittlerweile Mitglied der Nationalmannschaft, Gerd Amrhein, schwimmt nach eigenen Angaben je nach Trainingsphase 30 Kilometer, fährt 600-900 Kilometer Rad und läuft 80 Kilometer - pro Woche und als Kurzstreckenspezialist. Gigantische Umfänge, die zugleich zeigen, wie hoch die Latte in nur wenigen Jahren gehängt wurde. Wie kann
man damit umgehen? Auf der einen Seite der eigene Ehrgeiz und die persönlichen
Ziele, die einen als Athleten nicht ruhen lassen. Auf der anderen Seite
die ständig steigenden zeitlichen Anforderungen und materiellen Aufwendungen,
um up to date zu sein. Welcher Weg ist zu gehen?
Kuscheln war einmal Martin Henkel 10/2008
KAILUA-KONA. Vielleicht ist es das Alter gewesen. 72 Jahre ist Dr. Jim Gills alt, Augenarzt aus Tarpon Spring, Florida, ein Spezialist seiner Zunft. Gut möglich auch, dass Dr. Jim Gills einfach keine Zeit mehr fand. Der mehrfache Millionär hat allein im vergangenen Jahr drei Patente angemeldet und erneut ein Buch auf den Markt gebracht, es ist bereits sein 27. In der ersten Septemberwoche hat Dr. Jim Gill sich jedenfalls entschlossen, nach 19 Jahren Besitz sein Unternehmen, die "World Triathlon Corporation", kurz WTC, an die World Endurance Equity, ein Tochterunternehmen der Investmentfirma Providence Equity Partners (PNP) zu verkaufen. Er hat bis dato nicht gesagt, warum. Auch nicht, wie viel es eingebracht hat. In Kailua-Kona, bis Sonnabend Treffpunkt von 1 800 Athleten des Ironman Hawaii, dem Abschlussrennen der Saison und härtesten Langdistanztriathlons der Welt, ist dieser Deal neben den zeitlosen Fragen nach Schwimmanzug, Sattelstärke und Schuhsohlenkonsistenz, das Thema der Woche. Der WTC gehört der Ironman und Dr. Jim Gill, selbst fünfmal am Start, war seit 1989 so etwas wie ihr Patriarch. Noch vermag von den Eisenmännern und -frauen niemand genau zu sagen, was die neuen Besitzverhältnisse für den Ironman Hawaii und die angeschlossenen 53 Ironman- sowie die sogenannten 70.3-Rennen über die halbe Distanz bedeuten. Eines aber wissen bereits alle: Der Verkauf bedeutet eine Zäsur, die Professionalisierung einer Sportart, die bis dato vorwiegend von Amateuren betrieben wird. Allein der Umstand, dass die PNP fremdes Geld verwaltet und somit Rendite-orientiert operiert, deutet darauf hin, dass die Tage der kuschelnden Gemeinde, die pro Person 450 Dollar Antrittsprämie an die WTC zahlt und deren Sieger jeweils 100 000 Dollar ausgezahlt bekommen, gezählt sind. Und es zeigt, dass die großen Kapitalgesellschaften den Markt des Ausdauersports als Investmentfeld für sich entdeckt haben.
Kauffreudiger Kundenkreis Bei keinem Volkssport mit angeschlossenem Profibereich liegt zurzeit derart viel Potenzial brach. Allein in den USA, dem Mutterland aller Langdistanzen (Marathon, Triathlon olympische Distanz, Ironman und 70.3) gibt es offiziell 300 000 Triathleten und eine schnell anwachsende Schar an Amateuren und Freizeitsportlern. Zusammen bilden sie einen kauffreudigen wie auch kaufkräftigen Kundenkreis. Zwischen 2000 und 2005 wuchs etwa in den USA der Absatz von Sportgetränken und Powerfood um 48 Prozent auf einen Jahresumsatz von insgesamt 6,1 Milliarden Dollar. Doch nicht nur PNP hat die Ressourcen aufgespürt. Bereits im Januar stieg die Falconhead Capital Inc. in den Markt ein. Sie gründete die "Competitor Group Inc." (CGI), kaufte den größten Veranstalter von Ausdauersportveranstaltungen in den USA, Elite Racing, auf, verleibte sich das weltweit größte Triathlon-Magazin der Welt "Triathlete" ein und erwarb den führenden Verlag für publizistische Triathlon- und Radsport-Titel "Inside Communications". Das so entstandene Konglomerat gibt CGI die Möglichkeit, Inhalt (Rennen) und übermittelndes Medium (Magazin) unter einem Dach zu verschmelzen. Mit einer ähnlichen Strategie ist auch die PNP mit ihrer Portfolio-Firma World Endurance in das Rennen um die Inbesitznahme noch nicht ausgebeuteter Claims auf dem Feld des Ausdauersports gegangen. PNP, die seit ihrer Gründung im Jahre 1989 sieben Fonds aufgelegt hat und bei über 100 Beteiligungen ein Volumen von rund 21 Milliarden Dollar verwaltet, verfügt über zahlreiche sogenannte "Tubes" (Kanäle), um Rennen und Medien ebenfalls synergetisch zu verquicken. Sie ist etwa am spanischsprachigen TV-Sender Univision beteiligt, an Kabel Deutschland, an der Warner Music Group und an MGM. Im vergangenen Jahr erwarb sie für 100 Millionen Euro zehn Prozent Beteiligung an Hulu.com, einer Internet-Seite, die kostenlos TV-Inhalte ausstrahlt. Hulu.com wurde 2006 vom Medienkonglomerat News Corporation (Rubert Murdoch) und von NBC erworben, das US-amerikanische TV-Netzwerk überträgt wiederum über seinen gleichnamigen TV-Sender den Ironman. Dessen Gemeinde, voran die Eindrittel-Gruppe der Profiathleten, ahnt auf Hawaii bereits, was der Einstieg von PNP bedeutet. Das deutsche Triathlonteam "Dresdner Kleinwort" um den zweifachen Ironmansieger Normann Stadler (2004 und 2006) beispielsweise fühlt sich bestätigt, dass die Gründung eines Profiteams im von Individualisten geprägten Triathlonsport längst überfällig gewesen ist. 2006 ersannen Stadler und sein damaliger Sponsor, die Investment-Bank-Sparte der Dresdner Bank AG, die Dresdner Kleinwort, den Plan, ein Profiteam zu gründen. Es ist das erste seiner Art, eine teamgewordene Vision, ein Prototyp, der PNP und Falconhead als Beispiel dienen kann, wie man die Unzulänglichkeiten des Sports beseitigt, möglicherweise, wie man das sensible Geschäft an den Straßenrändern der Langdistanzen vor der mit Abstand größten Seuche des Profisports schützen kann: dem Doping. So zumindest preisen es die Initiatoren. Man könnte es allerdings - mit Blick auf den Radsport und dessen Firmenteams - auch genau anders herum sehen.
Sieben Athleten umfasst die Dresdner Kleinwort-Equipe. Sie zahlt Jahresgehälter, um die Athleten vor zu vielen, kraftraubenden Prämien-Tingeltouren zu den Ironman-Events zu bewahren. Sie nimmt den Athleten sämtliche Logistik ab, sie stellt ihnen Trainer zur Verfügung und sie hat ein rigides Antidopingprogramm aufgelegt. Entwickelt hat es im Auftrag der Dresdner Kleinwort die Juristin und frühere Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer Sylvia Schenk in Zusammenarbeit mit der Deutschen Nationalen Antidopingbehörde Nada und der Deutschen Triathlon Union (DTU). Die unabhängigen Kontrolleure können testen, wann und wo sie wollen. Der Sponsor wendet dafür 600 000 Euro auf. Dass Doping dadurch nicht ausgeschlossen ist, zeigt der Fall des Radprofis Stefan Schumacher, der im Foyer des Radsports den Antidopingkampf entfachte und im Hinterzimmer das angeblich unsichtbare Epo-Präparat Micera applizierte. Diesen Fall auszuschließen, dafür behält Kleinwort einen Teil des Gehaltes ein und sich selbst vor, die eingefrorenen Proben bis drei Jahre nach Vertragsende 2011 auf Doping untersuchen zu lassen. Erst wenn auch diese negativ seien, sagt Schenk, "werden die Gehälter ausgezahlt". Falls nicht, drohen dem Athleten empfindliche Schadensersatzzahlungen, die laut Aussage des Managers der Teamleitungsagentur MMH, Jan Wendt, "drakonisch sind. Dann ist der Athlet finanziell auf Null gestellt." Verlockende Aussicht auf Gewinne Ob die Proben tatsächlich geöffnet werden und ein positiver Fall dann auch veröffentlicht wird, gehört zu den Unwägbarkeiten der Branche. Daneben könnte die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank eventuell eine vorzeitige Vertragsauflösung zur Folge haben. Die Commerzbank hat angekündigt, die Investmentaktivitäten der Dresdner Kleinwort auf den Prüfstand stellen zu wollen. Die Professionalisierung des Ironman wird dies nicht aufhalten. Zu groß ist dafür bereits der Markt und zu verlockend die Aussichten auf Gewinne. Letztlich hat wohl dieser Umstand für Dr. Jim Gill den Ausschlag gegeben, zu verkaufen: Das Ganze ist ihm schlichtweg über den Kopf gewachsen. In der dürren Pressemitteilung stand, ein wenig verklausuliert: "Die World Triathlon Corporation hat eine Größe erreicht, die einen Verkauf an PNP durchführbar gemacht hat."
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