Von Berlin Mahlsdorf auf den Brocken         Erlebnisbericht über 356 km von Vytas

... vergrößernNach dem langen Winter und einem guten Fahrrad im Keller drängte es mich schon seit langem wieder einmal für längere Zeit aufs Rad zu steigen und einfach loszufahren. Da im April / Mai allerdings unser Umzug anstand, musste das ganze eine ziemliche Weile auf sich warten lassen. Meine Stimmung war in dieser Zeit daher eher herbstlich als frühlingshaft. Doch über Pfingsten bot sich endlich die Möglichkeit, nachdem alles andere weitestgehend erledigt war.

So packte ich meine Sachen (zwei Ortlieb Back Roller, wenn ich Werbung machen darf J), und ein Zelt) und los ging’s am Donnerstag von Güstrow mit dem Zug nach Berlin in mein Elternhaus. Noch eine Nacht geschlafen und ab die Post dann am Freitag um elf Uhr.

Berlin / Brandenburg 110 km

Gut bekannte Wege führten mich sicher und relativ verkehrsarm durch Berlin bis ich nach 27 km am Kaiserdamm bei Stadler ankam und meine Rennschaltung nachstellen ließ. Dort aß ich noch gemütlich, besorgte mir endlich Schuhe für meine Klickpedalen und weiter fuhr ich gegen halb drei hinein in den Grunewald. Viele Radfahrer, wenig Autos, ein paar Hügel, der Wald und die Havel verwöhnten meine Sinne endlich mit der notwendigen Portion "draußen". An der historischen Glienicker Brücke fuhr ich nach Potsdam hinein immer dem Europaradweg R1 folgend. Ein schöner Weg, wenn auch manchmal auf schlechtem Belag führte mich nach Südwesten an den Seen von Potsdam und Werder vorbei. Bei Caputh bog ich ab und fuhr für 50 Cent mit der Fähre in den Ort hinein, besorgte mir Müsliriegel und ein Bier, dass ich bis zuletzt nicht austrinken sollte. Am südlichen Schwielower See kreuzte ich den Radweg R 1 wieder, der mich auf einer viel versprechenden Fahrradstraße wieder in den Wald hineinlotste. Allerdings hatte ich mich zu früh gefreut, nach 500m endete diese in einem typischen Waldweg aus märkischem Sand. Fluchend und kreischend, wie man nur so einen Weg als Europaradweg R 1 wählen konnte ging es ein paar Kilometer weiter über den Berliner Ring, bis ich endlich wieder auf Asphalt stieß. Nach insgesamt 87km speiste ich genüsslich in einem Ort namens Borkheide eine köstliche Einsiedlerpfanne zu zwei köstlichen Einsiedlerbieren. Mit gut geölten Beinen (in Dänemark heißt Bier Öl J) fuhr ich noch bis kurz nach acht weitere 20 km und schlug 10 km vor Belzig mein Lager an einem kleinen Bach auf. "Endlich wieder draußen" sprach es zu mir und mit Blick auf weite Felder schlief ich recht bald ein.

Fläming / Elbe / Harzvorland 165 km

Am zweiten Tag weckte mich die Sonne gegen halb sechs und nach dem Packen erwarteten mich die endlosen Weiten des Flämings mit dem Höhepunkt Hagelberg. Ganz stolz stehen in einsamer Flur Schilder, die zur höchsten Erhebung Brandenburgs weisen (201 m). Als ich oben war, musste ich feststellen, dass die letzten 60cm ein aufgeschütteter Erdhügel waren. Wie auch immer, es ging wieder bergab und weiter Richtung Elbe. Gegen zehn Uhr endete schlagartig das gute Wetter und ein paar Kilometer hinter Wiesenberg begann dann der Dauerregen. Zwischendurch aß ich noch ein zweites Frühstück in Leitzkau in einer Dorfkneipe, wo man sich den Kopf schüttelte, wie ich bei so einem Wetter allein in den Harz fahren könne. Dennoch muss ich gestehen, dass die freundlichsten Menschen immer die in Imbissbuden und Dorfkneipen waren, während man in Gaststätten, in denen Goethe schon speiste, eher schief angeguckt wurde. Wie auch immer sollte der Regen nicht enden, bis ich endlich die Elbe überquert hatte und in Schönebeck zu Mittag aß. Nach fünf Stunden Regen ließ ich die Sachen bei Fahrtwind wieder trocknen, und nicht weit hinter Schönebeck auf einer Erhebung konnte man plötzlich den beeindruckenden Harz in den Himmel ragen sehen. Dementsprechend motiviert und flott ging es voran, bis ich am Abend gemütlich in Quedlinburg zu Abend speiste und meinen Brand mit einem kühlen Bier löschte.

Harz 81 km

Nach einem angenehmen Schlaf auf einem Zeltplatz zwischen Thale und Quedlingburg konnte ich mich frisch geduscht und wohl erholt auf den Teil meiner Tour machen, der, so glaubte ich, die größten Anforderungen für mich bereithielt. Zumal nach der langen Regenfahrt mein rechtes Knie und meine linke Achillesferse leicht gereizt waren. So frühstückte ich in einer anderen schönen Stadt direkt am Fuße des Harzes und hier merkte ich besonders deutlich, dass man niemals alles sehen kann. So ließ ich auch den Hexentanzplatz und die Walpurgishalle links liegen und machte mich nach einem Rührei und einem Tee daran, in den Harz hinein zu fahren. Und der Harz präsentierte sich mir gleich mit voller Macht. Drei Kilometer mit durchschnittlich 14 % und voll bepacktem Fahrrad ließen nur die kleinste Übersetzung und einen außer Atem sich den Berg hinaufhechelnden Vytas zu. Aber ich schaffte den Anstieg und es sollte die beste Vorbereitung auf die noch kommenden Anstiege sein. So fuhr ich weiter durch den Harz wieder bergab an der Bode entlang, wieder bergauf nach Elbingerode, bis ich mit Pausen den Anstieg über Schierke (600 m) auf den Brocken wagte. Recht harmlos ging der Anstieg los, doch schon bald kamen ähnliche Steigungsprozente auf mich zu, wie am Morgen, nur dass hier die Luft schon merklich dünner war. Eine Kurve, noch eine, wieder etwas flacher, hinter der nächste wieder steil, kurz halten um die Harzhochbahn vorbeizulassen und ein letztes Mal quälen und ich war oben. Wahnsinn! Und so viele Sportbegeisterte die dort regelmäßig mit dem Rad hinauffahren. Unglaublich! Und die Aussicht! Ich muss Glück gehabt haben, wenn man erzählt, dass in der Regel der Brocken in den Wolken liegt. So fuhr ich dann selig die Abfahrt zu Ende und schlief gemütlich am Abend in einer hübschen kleinen Unterkunft in Elend ein. Und jetzt rate, was ich mit Elend meinte! J

 

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