Ein Jahr Training – einen halben Tag Wettkampf: Vytas Huth / Tri-Sport Schwerin Aug. 2009

Die Uhr steht bei 4:02:30 Stunden, es ist kurz nach 16 Uhr am 25.07.2009 und ich befinde mich an der Müritz. Ich brauche Cola, Wasser und Melone; Zucker und Flüssigkeit. Frank und Danny, Vereinskameraden vom Trisport Schwerin, beglückwünschen mich: „Sensationelle Leistung; Schwimmen, Radfahren, Laufen – sensationell!“. Ich fühle mich platt und mein Blick ist etwas verschwommen, daher realisiere ich erst nach und nach: Meine erste Mitteldistanz im Triathlon war der beste Wettkampf meines kurzen Triathlonlebens!
Die Vorbereitung lief gut, schon im Winter hatte ich dieses Jahr mit einigermaßen systematischem Training begonnen. Ein Mountainbike verhalf mir zu regelmäßigem Radfahren, auch bei Schnee und Kälte – anders im Vorjahr, als ich erst im März auf das Rad stieg. Im Schwimmen schaffte ich es drei Mal die Woche Kacheln zu zählen, beim Laufen konnte ich im November bereits 13 km in 50 Minuten laufen. Doch dann erwischte es mich im Februar wie so viele in diesem Winter. Zwei Wochen Grippe, Bett, ausgefallene Prüfungen. Als ich wieder ins Training einsteigen wollte, ließen mich meine gereizten Bronchen nicht in Ruhe. Noch eine Woche pausierte ich, bereitete mich auf einen Vortrag vor, den ich auf einer Tagung in Rostock halten sollte. Mein erster Vortrag vor nationalem Publikum – kein Gedanke frei für’s Training.


 
    Mein Koga Miyata Touren- und Trainingsrad für die Strecke nach Rostock. >>

Schließlich wurden die Tage wärmer, meinen Bronchen ging es gut und ich stieg erneut ins Training ein. Kilometer um Kilometer spulte ich herunter, die Sonne wärmte schließlich und das Training bereitete mehr und mehr Freude. Allein siebenmal fuhr ich dieses Semester mit dem Rad zur Uni nach Rostock, etwa 100 km, den ganzen Hausrat für eine Woche in Packtaschen verstaut und die Fitness nahm zu. So mancher Wettkampf wurde nun in Angriff genommen, fast immer konnte ich mich zu Vorjahresergebnissen verbessern. Die Highlights waren sicherlich der lange Duathlon von Lubmin, wo ich das erste Mal einen guten 3:45 er Schnitt über 10 km lief und einen 36 er Schnitt über 60 km radelte, sowie der Rostocker Uni Triathlon über 0,6 – 30 – 5, bei dem ich und mein Lieblingsgegner Stephan Q. uns antrieben etwa sieben Minuten schneller als im letzten Jahr zu sein. „Chapeau!“, dachte ich „das wird ‚ne gute Saison!“

<< Ausnahmsweise vor meinem Lieblingsgegner, Stephan Quest (TC FIKO Rostock), ins Ziel gekommen und von Andreas Raelert beglückwünscht. So geschehen in Papendorf bei Rostock, Anfang Juni.

Der Müritz-Triathlon in Waren rückte näher; zwei Wochen davor noch in Itzehoe bei einer Olympischen Distanz und eine Woche zuvor noch bei meinem Lieblingssprinttriathlon in Berlin an der Krummen Lanke gestartet und ich war sicher: die Form stimmte. Was rechnete ich mir also aus, für 2 km Schwimmen, 80 km Radfahren und 20 km Laufen? Zunächst einmal: Ankommen! Großen Respekt hatte ich besonders vor den abschließenden Laufkilometern. Würde meine Grundlage reichen? Aber dennoch, meine heimliche Wunschzeit ergab sich wie folgt: 35 min Schwimmen und 1. Wechsel, 2:15 h Radfahren und 2. Wechsel und schließlich 1:25 h Laufen. Macht 4:15 h.

Über 10 km wie hier bei Itzehoe lief dieses Jahr alles bestens – aber reicht die Form auch für 20 km? >>

Kurz vor dem Start kamen die ersten dunklen Wolken, der Wind frischte auf, die Wellen wuchsen unangenehm an. Danny, drei Wochen nach einer starken Leistung beim Ironman in Frankfurt ebenfalls am Start, sagte zu mir: „Ich hab heute auf dich gesetzt.“ Er meinte, ich würde Vereinsschnellster. Außer Danny und mir waren noch Michael (Fünffacher Hawaiistarter), Stephan D. (in Lubmin 3 min schneller als ich), Norbert und Anne am Start. Ich dachte: „Ja klar – ich will ankommen!“ Aber er sollte richtig getippt haben.
Das Schwimmen lief fantastisch: Entspannt bin ich im Wasserschatten von Michael geschwommen; nur 40 s langsamer als der Gesamtsieger Thoralf Berg und sogar vor Danny aus dem Wasser! Mein Wechsel auf’s Rad war zwar mal wieder unterirdisch, aber trotzdem: Ruhig bleiben! Ankommen ist die Devise! Auf dem Rad lief es fast noch besser, die ersten 20 km rollte ich ein, die nächsten 40 machte ich Druck und den Rest versuchte ich an Tempo zu halten, was zu halten ging. Danny war nach dem ersten zweier Schauer ausgestiegen, meine Vereinskameraden und Stephan Q. waren allesamt hinter mir. Beflügelt und angefeuert von meinen Eltern und meiner Freundin ging ich auf die Laufstrecke. Trotz eines 37 er Schnitts auf 80 km waren meine Beine sehr gut drauf – unglaublich, was systematische Vorbereitung alles bewirken kann! Stephan K. und Rüdiger (ebenfalls Trisport Schwerin) jubelten, rieten mir aber auch, nicht zu schnell anzugehen. Ich versuchte schließlich rund und locker zu laufen. Nach den ersten 10 km kam ich an der Uhr im Zielbereich vorbei und traute meinen Augen nicht. 3:17 h zeigte sie, unter vier Stunden ankommen war möglich!
Naja, aber 20 km sind dann doch ganz schön lang. Besonders bei nassen Füßen und matschigem Boden. Die zweite Laufrunde lief etwas schleppend, mein Lieblingsgegner holte mich doch noch ein und ich merkte schließlich, dass ich auf einer Mittelstrecke angetreten war. Aber dennoch, ein Ergebnis um die 4 h. Damit habe ich zuvor tatsächlich nicht gerechnet. Dieser Tag war definitiv mein bester Triathlontag überhaupt, nur vergleichbar mit meinem allerersten Triathlon, als ich mich im Ziel wie ein Held der Antike fühlte. Aber das schlechte Wetter hatte ich auch damals. Und jetzt verstehe ich auch die Glückwünsche: für mich war dieser Tag meine ganz persönliche Sensation!

Ergebnisliste

 

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