Wie bestimme ich meine Pulsbereiche für das Training? D. L. 06/2007

Vernünftiges und intelligentes Training beginnt mit der Ermittlung der richtigen Intensität der Belastung.

Mit den richtigen Pulswerten zu trainieren ist eine Wissenschaft für sich. Es gibt unzählige Varianten und Methoden Anhaltswerte zum Trainieren zu finden. Dabei gibt es meiner Meinung nach nicht „das Goldene Prinzip“, sondern man muss einen Weg finden, der praktikabel ist. Kommt ihr mit einer Methode gut zurecht, wunderbar. Bleibt dabei. Wenn nicht, analysiert evtl. Fehler oder versucht eine andere Methode zu finden.

Der Pulswert ist von sehr vielen Faktoren abhängig. Je nach Tageszeit, Temperatur, Nahrung, Vorbelastung, Stress oder Trainingsphase können Tests ganz unterschiedliche Ergebnisse bringen. Die Pulswerte in den Einzeldisziplinen variieren je nach Sportart. Ursachen sind unter anderem der Einsatz einer größeren Muskelmasse beim Laufen und die Ermüdung der Quadrizepsmuskulatur bei nicht speziell radtrainierten Personen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Puls beim Radfahren ca.10% niedriger als beim Laufen ist.

Am einfachsten ist eine Einteilung der Trainingsbereiche nach der maximalen Herzfrequenz. Ein grobes Schema sieht folgendermaßen aus:

Tabelle: Die Belastungsbereiche im Training in Prozent der maximalen Herzfrequenz 

 Belastungsbereiche im Training Test
Trainingsbereich  Abkürzung  %Hfmax  Bemerkung
Regeneration  Rekom  60-65 Erholung, aktive Regeneration.
Subjektives Empfinden:
sehr leicht, sehr lange durchzuhalten.
Grundlagenausdauer 1
 GA1  65-75 Steigerung der aeroben Leistungsfähigkeit.
Subjektives Empfinden:
fast zu langsam, so könnte ich 2-3 Std. aushalten.

Grundlagenausdauer 2
 GA2  75-85 Intensives Grundlagentraining.
Subjektives Empfinden:
ein gutes Tempo, das ich 1-1,5 Std. aushalten.
Wettkampfspezifischer  Entwicklungsbereich
 WSA  85-92 Steigerung der anaeroben Leistungsfähigkeit.
Subjektives Empfinden:
jetzt ist's aber heftig.

Berechnung der maximalen Herzfrequenz 

Die maximale Herzfrequenz kann man nach folgender Formel näherungsweise berechnen:

Bei Männern: Hfmax = 220-Lebensalter
Bei Frauen: Hfmax = 226-Lebensalter

Da diese Formel auf statistischen Mittelwerten beruht, kann es sein, dass die Werte für den Einzelnen stark abweichen. Deshalb muss man auch immer auf das subjektive Empfinden achten.

Der Maximaltest 

Für ambitionierte Sportler ist diese Methode wegen der hohen Fehlerrate nicht akzeptabel. Da hilft dann nur ein entsprechender Maximaltest. Diesen Maximaltest kann man am leichtesten beim Laufen durchführen. Man läuft 1600m mit ansteigender Belastung und einem 400m Endspurt und ermittelt im Ziel den höchsten Puls. Meist wird dieser Höchstwert erst einige Zeit nach dem Zieleinlauf erreicht. Jetzt hat man schon eine wesentlich genauere Orientierung zur Trainingsgestaltung, da nicht nur mit einer Formel, sondern mit einem individuellen Feldtestergebnis gearbeitet wird.

Die Karvonenformel 

Noch ein wenig genauer als obiges Schema ist die Karvonenformel, die zusätzlich zum Maximalpuls auch den Ruhepuls berücksichtigt. Der Ruhepuls wird morgens vor dem Aufstehen gemessen.

Trainingsherzfrequenz= Ruhepuls + ( Hfmax – Ruhepuls ) * Ti

Die Trainingsintensität in Relation zur individuellen Leistungsfähigkeit (Ti) ergibt sich wie folgt:

0,6 - 0,7 bei 45-90 Minutenlauf
0,7 - 0,8 bei 30-45 Minutenlauf
0,8 - 0,9 bei 20-30 Minutenlauf
0,9 - 1,0 bei 20-60 Sekundenlauf

 

Stufentests 

Die nächste Stufe der Trainingsherzfrequenzbestimmung wäre ein sogenannter Stufentest. Hier wird eine bestimmte Strecke in verschiedenen Belastungsstufen absolviert. Je nach Sportart und Dauer der Wettkampfbelastung kann man sehr unterschiedliche Tests antreffen. Am bekanntesten ist der Conconitest:

1. Conconitest 

Auf einer 400m Bahn werden verschiedene Geschwindigkeitsstufen vorgegeben bis zum Maximaltempo. Die Laufgeschwindigkeit mit der dazugehörenden Herzfrequenz wird in einem Diagramm aufgetragen. Dieses Diagramm kann man dann nach unterschiedlichsten Kriterien wie anaerobe Schwelle, Ausdauerleistung oder Maximalleistung auswerten.

2. Laktatstufentest 

Noch genauer verspricht ein Stufentest mit paralleler Laktatmessung zu sein. Es wird nach jeder Belastungsstufe die Laktatkonzentration im Blut gemessen. Aus Geschwindigkeit und Laktatwert lassen sich dann die einzelnen Belastungsbereiche für das Training festlegen. Bei dieser Methode ist z.B. der 4mmol/L Laktatwert fürs Training interessant. Auch ist eine Messung der Sauerstoffaufnahme während einer Stufenbelastung möglich und gibt weitere Möglichkeiten der Auswertung.

 

Fazit

Schon diese kleine Einführung in die Bestimmung der Trainingsherzfrequenzen zeigt deutlich wie Komplex die Leistungsdiagnostik ist. Allein für die Auswertung von Laktatkurven kennt man 15 verschiedene Methoden. In der Praxis hat sich für Einsteiger sowie für Ambitionierte die Karvonenformel bewährt. Mit steigender Leistungsfähigkeit möchte man aber vielleicht immer genauere Vorgaben für das Training haben. Dies lässt sich nur mit entsprechenden Tests erreichen. Ein Stufentest lässt sich noch relativ leicht und kostenlos selbst durchführen, während Laktat- oder andere Labortests meist nur gegen Geld angeboten werden. Die Interpretation der Testergebnisse, vor allem bei Laktattests, verlangt viel Erfahrung und birgt auch gewisse Risiken.

Kein Test ist perfekt, man muss vielmehr die Gesamtheit des Trainierenden betrachten und daraus seine Rückschlüsse für das zu planende Training ziehen. Mit welchen Tests oder Formeln man letztendlich arbeitet und wie viel man ggf. bereit ist dafür zu bezahlen, muss jeder für sich selbst entscheiden. Es hat sich auch gezeigt, dass im Laufe der Trainingsjahre neben den reinen Pulswerten die Erfahrung und das Körpergefühl als wichtiges Kriterium in die Trainingsgestaltung immer mehr einfließen.

 

Trainingsbereiche ermitteln

Effektives und gesundes Training braucht sinnvoll eingeteilte Belastungen. Mit einem einfachen Feldtest lassen sich die richtigen Pulswerte näherungsweise selbst bestimmen.

Wir haben bisher die Pulsvorgaben für unser Training nach Formeln bestimmt. Entweder war es die maximale Herzfrequenz oder eine modifizierte Formel nach Karvonen, mit deren Hilfe wir die Werte für die einzelnen Belastungsbereiche erhalten haben. Um jedoch Fortschritte im Training zu erkennen und noch bessere Aussagen über die Leistungsfähigkeit zu machen, ist es nötig regelmäßig Tests durchzuführen. Hierzu kann man so genannte Stufentests verwenden.

Am bekanntesten ist der Conconitest, den ich aber nicht unbedingt für geeignet halte, da er sehr viel Aufwand erfordert. Ein brauchbarer Test für den leistungsorientierten Breitensportler muss meiner Meinung nach folgende Kriterien erfüllen:

  • kostenlos
  • ohne großen Aufwand schnell durchführbar
  • für die Praxis anwendbare Ergebnisse

Grundsätzliches zu Leistungstests

Tests sollten immer unter gleichen Bedingungen durchgeführt werden. Sei es die Tageszeit, die Temperatur, das vorhergegangene Training, die Laufstrecke, die Ernährung. All diese Faktoren und noch viele mehr beeinflussen mehr oder weniger das Testergebnis.

Was wir brauchen

Zunächst mal einen Pulsmesser mit Stopuhrfunktion. Sehr schön wäre auch eine Mittelwertfunktion für den Puls. Dann sollte eine geeignete Laufstrecke vorhanden sein. Sie muss flach sein und am besten 400m lang. Eine Tartanbahn ist nicht unbedingt nötig, eine vermessene Strecke im Wald tut es auch. Auch brauchen wir keine Runde, eine lange Gerade funktioniert genauso.

Vorbereitungen

Die Vorbereitungen beginnen schon einen Tag früher. Es sollte nicht oder nur regenerativ trainiert werden. Auch beim Essen oder Trinken muss man sich relativ normal verhalten. Weder Alkoholexzesse noch Fressorgien sind vor Leistungstests empfehlenswert. Die Vorbedingungen müssen auch für alle späteren Tests eingehalten werden und möglichst immer identisch sein. Als Testzeit empfiehlt es sich die Tageszeit zu nehmen, an der ihr meistens trainiert.

Durchführung

Es werden 5 Stufen wie folgt ohne Pause gelaufen:

 Durchführung Stufentest
 Stufe  Distanz  %Hfmax
 Stufe 1  800 m  70%
 Stufe 2  800 m  75%
 Stufe 3  800 m  80%
 Stufe 4  800 m  95%
 Stufe 5
 400 m  100%

Stufe 1-3 deckt den Grundlagenbereich ab. Stufe 4 und 5 dagegen den anaeroben Bereich. Bei jeder 800m Stufe wird innerhalb der ersten 400m der Puls auf den Sollwert gesteigert und dann die zweiten 400m konstant gehalten. Es wird der Mittelwert des Pulses ermittelt und die dazugehörende Zeit. Dies gilt immer für den zweiten 400m Abschnitt. Wer keine Mittelwertfunktion am Pulsmesser besitzt, muss versuchen so konstant wie möglich zu laufen und dann den Wert schätzen. Die letzte Stufe ist ein maximales Ausbelasten über 400m. Im Ziel wird der Puls ermittelt und die Zeit für den letzten 400m Abschnitt.

Die Pulsvorgaben sind als Orientierung zu verstehen. Wer z.B. mit glatten Zahlen wie 120, 140, 160 besser zurecht kommt, kann das natürlich tun. Wichtig ist nur, dass die ersten 3 Stufen im GA-Bereich und Stufe 4 und 5 im anaeroben Bereich liegen. Das hört sich jetzt kompliziert an, ist es aber nur beim ersten Mal. Auch ist es nicht so anstrengend wie man meint, da ja nur die letzten beiden Stufen recht heftig sind. Ein ganz kurzes sehr lockeres Einlaufen ist zu empfehlen.

Auswertung

Glücklich wer einen Luxuspulsmesser mit diversen Zwischenspeichern besitzt. Man braucht nur die einzelnen Stufen durchlaufen und alle 400m auf Zwischenzeit drücken. Nach dem Test kann man dann in Ruhe die einzelnen Werte abrufen oder am PC auslesen.

Sollte solch Highendequipment nicht vorhanden sein, empfiehlt es sich einen Helfer mitzunehmen. Dieser kann dann die Zeiten stoppen und man ruft ihm während des Tests die Pulswerte zu. Anschließend müssen noch die Laufzeiten nach folgender Formel in km/Std umgerechnet:

Laufgeschwindikgeit in km/Std. = (400 / Laufzeit in Sek.) * 3,6.

Nun kann man die Ergebnisse in diese Diagrammvorlage übertragen. Die 3 Punkte aus Stufe 1-3 werden mit einer Linie verbunden und die Punkte 4 und 5 ebenfalls. Das Ganze sieht dann am Ende ungefähr so aus (wenn alles geklappt hat):

Auswertung des Stufentests: Die Geraden aus dem aeroben und dem anaeroben Teil des Tests bilden einen Schnittpunkt. Dort befindet sich die ungefähre Lage der anaeroben Schwelle, also die Grenze der Dauerleistungsfähigkeit

Juchu, unser erster Leistungstest wäre damit erledigt. Nun geht’s zur

Auswertung

Ohne Probleme kann man sofort den Maxpuls und die anaerobe Schwelle (ich bezeichne mal einfach den Punkt so) bestimmen (Schnittpunkt der beiden Geraden). Setzt man diesen Schnittpunkt als 100% Wert an, ergeben sich für die einzelnen Trainingsbereiche folgende Stufen: 

 Auswertung
 Trainingsbereich  % der anaeroben Schwelle
 Rekom  60-65%
 GA1  75-90%
 GA2  90-95%
 Entwicklungsbereich  95-105%

Es gibt auch noch den sogenannten Spitzenbereich von 105-130%, der allerdings für Einsteiger nicht geeignet ist als Trainingsbereich.

Kontrolle

Wird dieser Test in regelmäßigen Abständen wiederholt, kann man die Auswirkungen des Trainings feststellen und vergleichen. Gerade hier kann man sehr schön über Jahre die Leistungsentwicklung sehen. Auch kann man ganz gezielt kontrollieren, ob ein bestimmter Trainingsblock die erwünschten Ergebnisse gebracht hat.

Wird z.B. im Winter sehr viel Grundlagenausdauer trainiert, sollte sich die Gerade aus Stufe 1, 2 und 3 nach rechts verschieben, während die Leistung im anaeroben Bereich sich kaum ändert. Durch intensives Training (Intervalle, Wettkämpfe) wird der anaerobe Bereich sich verbessern und die Grundlagenausdauer eher konstant bleiben. Auch kann man im Sommer, während man viele Wettkämpfe bestreitet, sehr schön deren Auswirkungen erkennen: Die Leistung im anaeroben bereich verbessert sich, während die Grundlagenausdauer leidet. Das führt zu einem Verflachen der Kurve mit evtl. Linksverschiebung im Grundlagenbereich.

Fazit

Mit dem Stufentest habt ihr eine einfache, schnelle und kostengünstige Möglichkeit eure individuellen Pulswerte für die einzelnen Belastungsbereiche relativ genau zu bestimmen. Außerdem ergibt sich die Chance, das Training und dessen Auswirkungen über lange Zeiträume zu vergleichen und daraus neue Strategien zu entwickeln. Natürlich ist dieser Test mit Fehlern behaftet und nicht perfekt, aber für die praktische Anwendung im Trainingsalltag hat er sich bewährt.

Das war ein kleiner Ausflug in die Leistungsdiagnostik mit einem Vorschlag für die Durchführung eines Leistungstests in Eigenregie. Nun liegt es an euch mit den Daten zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln. Analysiert die Kurven in Zusammenhang mit dem absolvierten Training und optimiert eure Trainingspläne. Viel Spaß beim Testen und Forschen!


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