Allgemeine Technik und Motorik Functional Training Dr. Till Sukopp 01/2014

Im November gilt es grundlegende Bewegungsfähigkeit im Bereich Koordination zu trainieren und unzureichende Beweglichkeit und Stabilität zu korrigieren, bevor man mit dem eigentlichen Haupttraining beginnen sollte.

In den letzten Jahren wurden in der Physiotherapie, der Rehabilitation sowie im Freizeit- und Leistungssport mit großen Erfolgen vermehrt fundamentale Bewegungsmuster aus der Bewegungsentwicklung des Babys eingesetzt, um den Körper wieder auf alte Bewegungsmuster neu zu „programmieren“. Die Ergebnisse sind sehr gut bis erstaunlich. Binnen weniger Minuten bekommt das Gehirn – vereinfacht ausgedrückt – durch fundamentale Bewegungsmuster wie Cross Crawl, seitliches Rollen, Rocking, Kopfnicken, Krabbeln oder Bird Dog einen neurologischen „Reset“, da sie die Gehirnhälften miteinander synchronisieren. Als Ergebnis verbessern sich die Koordination, die Beweglichkeit und die Stabilität – alles Faktoren, die sich sehr positiv bei anderen Bewegungen im Alltag sowie bei Trainings- oder Sportarten bemerkbar machen.

Cross Crawl (diagonale Bewegungsmuster)

Mit Cross Crawl bezeichnet man sämtliche Bewegungen, die das diagonale Bewegungsmuster des Ganges aufweisen. Das sind zum Beispiel Knie und Ellenbogen zusammenführen, Käfer/Bicycle-Crunch, Krabbeln, Gehen, Laufen, Hoppserlauf und Skippings. Die Bilder zeigen je ein Beispiel im Stand und am Boden. Hier können abwechselnd 10 langsame Wiederholungen pro Seite durchgeführt werden oder 5 superlangsame pro Seite.

Rollen (Rollvarianten)

Das seitliche Rollen (Rolling) wird beispielsweise besonders im Bereich der korrigierenden Übungen eingesetzt, um die Rumpfstabilität vor allem im Bereich der (Anti-)Rotation zu verbessern. Ober- und Unterkörper werden wieder miteinander verschaltet und die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule verbessert sich.

So kann man überprüfen, ob eine ausreichend gute Rotationsstabilität im Rumpf vorhanden ist: Im Vierfüßlerstand („Bankstellung“) sollten die Hände im Lot unter den Schultern und die Knie unter den Hüften stehen. Die Fußspitzen sind aufgestellt. Aus dieser Position heraus streckt der Sportler auf der gleichen Seite (nicht diagonal!) den Arm und das Bein aus und führt dann kontrolliert Ellenbogen und Knie unter dem Körper zusammen und wieder auseinander. Wenn er das ohne zu wackeln kann, hat er sehr wahrscheinlich eine gute Rotationsstabilität im Rumpf.

Wenn nicht, weiß der Trainer nun, wie und woran er mit seinem Sportler zum Beispiel im Rahmen des Aufwärmens vor jedem Training arbeiten kann. Beim Rollen muss ohne Schwung gearbeitet werden. Empfehlung: Wenigstens 3 bis 5 Mal rollen pro Richtung und Rollvariante.

Rocking

Rocking bezeichnet das Hin- und Herschaukeln auf allen Vieren. Dabei geht man in den Vierfüßlerstand, bringt die Knie weit auseinander und schiebt das Gesäß möglichst weit nach hinten. Der Blick ist nach vorne gerichtet, der Oberkörper wird gestreckt, die Schulterblätter sind nach hinten unten gezogen. Diese Übung verbessert unter anderem die Oberkörperhaltung, die Beweglichkeit der Hüftgelenke sowie die Stabilität der Schulterblätter und des Beckens. Empfehlung: wenigstens 10 Wiederholungen. Dabei mit den Knien noch weiter auseinandergehen.

Neck Nods (Kopfnicken)

Das Gleichgewichtsorgan sitzt im Kopf. Für die Entwicklung von Körperhaltung, Gleichgewicht und Koordination ist es für Babys von entscheidender Bedeutung zu lernen, die Kopfhaltung zu kontrollieren. Alles zusammen führt zu Kraft. Kopfnicken kann beispielsweise auf allen Vieren durchgeführt werden, wobei die Augenbewegungen der Kopfbewegung vorausgehen sollten. Kopfnicken kann eine feste Brustwirbelsäule, feste Hüften und sogar feste Sprunggelenke mobilisieren. Der ganze Rumpf ist mit dem Kopf und dem Gleichgewichtssystem verbunden. Damit gehört auch Kopfnicken zu den fundamentalen Bewegungsmustern. 10 langsame Wiederholungen sind ein guter Start für diese Übung.

Krabbeln

Ziehendes Kriechen mit den Armen, also ohne den helfenden Einsatz der Beine, wird unter anderem auch als Trainingsübung bei Militäreinheiten und Kampfsportlern oder teilweise auch im Training anderer Sportarten eingesetzt (Commando-Crawl). Als nächster Schritt in der Babyentwicklung kommt das eigentliche Krabbeln auf den Knien. Es ist bezogen auf die Ganzkörperkraft, Stabilität und Kraftausdauer eine sehr unterschätzte Übung. Ein weiterer Schwierigkeitsgrad, der im Tierreich Standard ist, aber von Babys häufig übersprungen wird, ist das Krabbeln/Gehen auf Händen und Füßen, ohne dass die Knie den Boden berühren.

Krabbeln lässt sich sehr gut im Fitnesstraining einsetzen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass der Bewegungsmangel dazu geführt hat, dass sehr viele Menschen große Schwierigkeiten mit der Umsetzung in den Bereichen Koordination, Stabilität und Kraft haben. Deshalb ist der Einstieg ins „Krabbeltraining“ zunächst über das Krabbeln auf Knien und Händen zu empfehlen, um sich das grundlegende diagonale Bewegungsmuster des Kreuzganges auf allen Vieren wieder anzueignen und die Kraftausdauer zu verbessern. Dabei bewegen sich das rechte Bein und der linke Arm zusammen vorwärts und werden gleichzeitig aufgesetzt. Beherrscht der Klient das problemlos vorwärts und rückwärts, kann er es seitwärts probieren und ist bereit für die nächste Stufe: das Krabbeln auf Händen und Füßen.

Beim Krabbeln sind vor allem vier Punkte entscheidend:

Die Finger zeigen nach vorne, auch der Blick ist nach vorne ausgerichtet.
Die Schulterblätter sind hinten unten.
Der Oberkörper sollte etwa parallel zum Boden bleiben. Gesäß runter, Brustbein strecken.
Das Becken bleibt parallel zum Boden. Nicht beim Krabbeln mit dem Gesäß wackeln! Stelle dir vor, dass du ein Panther bist und keine Ente!

Einige Physio- und Sporttherapeuten aus den USA bauen in letzter Zeit wieder vermehrt das Krabbeln in die Rehabilitation und das Athletiktraining mit ein, da es eine sehr gute reflexive Rumpfstabilität bewirkt und eine ausgezeichnete Übung für die Rotatorenmanschette zur Stabilisation der Schultern darstellt. Neben den vielen stabilisierenden und ziehenden Übungen, die die Arbeit der Rotatorenmanschette verbessern, stellt das Krabbeln eine gute Übung dar, weil dabei der Oberarmkopf nach hinten gedrückt und in der kleinen Gelenkpfanne zentriert wird.

Im Fitnesstraining lässt sich das Krabbeln sehr gut ins Aufwärmen, als Kraftausdauerübung am Ende des Trainings oder als tägliche Bewegungseinheit einbauen. Man kann auf Strecke krabbeln, zum Beispiel 20, 50, 100 oder 1000 Meter, und dies mehrmals wiederholen oder in Zeitintervallen, zum Beispiel mehrmals 20, 30 oder 40 Sekunden lang mit Pausenzeiten, die je nach Fitnessstand doppelt, gleich oder nur halb so lange dauern. Das Krabbeln auf einem Balken oder Ähnlichem stellt eine weitere anspruchsvolle Steigerung für die Schulter(-Rotatorenmanschette) und die Rotationsstabilität im Rumpf dar.

Bird Dog

Für die Körperrückseite gehört die Übung Bird Dog zu den grundlegenden. Dabei werden im Vierfüßlerstand diagonal (Cross Crawl) ein Arm und ein Bein gestreckt angehoben und aus dem Körper „herausgezogen“, ohne dass sich die Lendenwirbelsäule bewegt. Nach 5 bis 10 Sekunden Haltezeit werden dann Hand und Knie wieder unter den Körper geführt und erneut angehoben. Einsteiger beginnen kniend, Fortgeschrittene führen die Übung in schulterbreiter Liegestützposition durch und Könner heben aus dem knienden Vierfüßlerstand heraus ein Knie etwa 2 Zentimeter von Boden ab.

Alle Übungen lassen sich gut in 5 bis 10 Minuten während der Trainingsvorbereitung und als kurze aktive „Reset-Einheiten“ im Tagesverlauf zum Beispiel neben dem Schreibtisch durchführen.

 

Training im Herbst R. & B. Grimmlinger 10/2021

Im Herbst, nach einer vollendendeten Saison, reduzieren die meisten Athleten ihr Trainingspensum deutlich. Das ist grundsätzlich auch nicht falsch.

Allerdings sollte die Trainingsreduktion bewusst gesteuert werden. Eine der traurigen Wahrheiten der Trainingswissenschaft ist, dass ein gewisses Leistungsniveau relativ schnell abgebaut werden kann, wohingegen der Aufbau im Vergleich aufwendiger ist. Nach bereits wenigen Wochen Trainingspause müsste mit spürbaren Einbußen gerechnet werden. Für einen nachhaltigen Trainingsaufbau, also strukturelle Adaptionen wie Muskelwachstum, wird ein Training über eine längere Periode von 6 bis 8 Wochen absolviert werden müssen. Somit sollte das Trainieren im Herbst nicht zu schonend gestaltet werden um einen stärkeren Leistungsverlust zu vermeiden.

Auf der anderen Seite ist es genauso wichtig, dem Körper wieder Zeit zum Regenerieren zu geben, damit weitere Verbesserungen noch erzielt werden, bzw. auch aus präventiven Gründen ist ein moderateres Training im Herbst sinnvoll. Nicht vergessen werden sollte, dass nach der Saison auch Zeit abseits des Triathlons mit der Familie bzw. Freunden vermehrt verbracht werden sollte. Auf diese Weise kann im Folgejahr mit mehr Motivation trainiert werden.

Trainingstipps

In allererster Linie bietet der Herbst nach Beendigung der Trainingssaison die Möglichkeit, alternative Trainingsreize zu setzen. Dies bedeutet, dass andere Sportarten trainiert werden können und sollten. Die Abwechslung wird dem Sportler physisch und psychisch gut tun. Im Herbst sollte das Training der Grundlagen, also Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Ausdauer bereits fokussiert werden. Zahlreiche Trainingsinhalte, die im Aufbautraining bzw. Wettkampfphase vermieden werden sollten, können genau in dieser Periode in das Training integriert werden. Diese unspezifischen Fähigkeiten, wie Maximalkraft oder bzw. der Koordination, haben einen Einfluss auf das maximale ausschöpfbare Potenzial – langfristig gesehen. Insbesondere verbesserte neuromuskuläre Fähigkeiten wirken sich auf die Technik und somit auf die Leistung aus. Vielseitige, koordinativ-anspruchsvolle Sportarten bieten hierbei die Basis.

Es sollte daher in Erwägung gezogen werden, eine oder mehrere alternative Sportarten zu praktizieren, wie zum Beispiel

  • Klettern
  • Ballsportarten
  • Leichtathletik
  • Geräteturnen

Die gewählte Sportart sollte nach einer Einführungsphase durchaus mit ernsthaften Ambitionen (also nicht schonend) praktiziert werden, da schlussendlich konditionelle bzw. koordinative Verbesserungen angestrebt werden.

Krafttraining

Einen großen Stellenwert sollte auch die Wiederherstellung bzw. Verbesserung der Kraftleistung darstellen. Athletiktraining sollte generell viel praktiziert werden. Auf der Grundlage einer guten Kraftleistung können im weiteren Saisonverlauf gute Leistungen aufgebaut werden.

Grundlagenausdauer

Die Grundlagenausdauer ist der wichtigste Trainingsbaustein eines Ausdauersportlers. Sie darf auch im Herbst nicht zu sehr vernachlässigt werden. Der Gesamtumfang wird jedoch reduziert sein.

Schwimmen und Laufen

Für die meisten Athleten wird Schwimmen und Laufen in Abhängigkeit des Athletenprofils hinsichtlich der Gewichtung die Schwerpunkte der drei Disziplinen darstellen. In welchem prozentuellen Anteil des Gesamtumfangs das Training durchgeführt wird, muss individuell definiert werden. In der kalten Jahreszeit wird der Anteil des Radfahrens unter anderem auch witterungsbedingt deutlich geringer ausfallen.

An den Schwachstellen arbeiten

Im Herbst bietet sich die Möglichkeit, sich in jenen Bereichen zu verbessern, bei welchen noch besonders großes Potenzial vorhanden ist. Die Beseitigung solcher Key Limiter wie z.B. eine unzureichende Athletik, wird sich in den folgenden Monaten spürbar bemerkbar machen.

Das Training im Herbst sollte möglichst abwechslungsreich gestaltet werden. Es bietet sich die Möglichkeit an, alternative Sportarten zu praktizieren bzw. seine Grundlagen zu verbessern. Gewisse unspezifische Intensitäten, wie Sprints bei einem Tennismatch, werden Bestandteil des Trainings sein. Athleten, die über mehrere Monate ausschließlich locker und mit reduziertem Umfang sehr monoton trainieren, werden zu Beginn der Folgesaison mit ihrem Ausgangsniveau der vorherigen Saison beginnen.

 

P. Hirtz: Motorisches Lernen und Grundlagen des Techniktrainings

 

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