Training in Südafrika: Wenn der Winter zum Sommer wird
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Wenn der Name Südafrika fällt, tauchen in der Erinnerung sehr oft noch die Bilder der Apartheitspolitik, von Slums und Townships auf. Vor allem bei denjenigen, die noch nie die Möglichkeit hatten, dieses Traumland genauer zu erkunden. Besonders um die Kapregion bietet Südafrika uns Triathleten alles, was das Sportlerherz begehrt. Es gibt Radstrecken zum Kilometer fressen aber auch zum Genießen: bergig, wellig oder flach und meistens mit sehr gutem Straßenbelag.

Das Kap als Standort
Die Kapregion bietet sich nicht nur für Trainingslager, sondern auch als Urlaubsdomizil bestens an: atemberaubende Küstenstraßen, Weinanbaugebiete und Berge mit anspruchsvollen Passstraßen. Radfahren kann unter diesen Bedingungen süchtig machen. Oder Laufen an der Küste mit unvergesslichen Ausblicken, hinauf zum Signal-Hill, Table Mountain, Constantia Nek. Die Variation der Laufstrecken in Länge und Profil kennt hier keine Grenzen. Wer sein Schwimmtraining nicht auf der Strecke lassen möchte, der sollte sich um eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio bemühen. Die ‚Virgin Active’-Studios sind großzügig angelegt, sauber, zweistöckig und mit einem 25 m-Pool ausgestattet. Der reine Luxus für Schwimmer: Es sind Bahnen eingezogen und höchstens zwei Personen teilen sich eine Bahn.

Breite Ausdauersport-Szene
Auch ist Südafrika, besonders Kapstadt, bekannt für Events aller Art im Ausdauerbereich. Von gut besetzten Radrennen der PPA-Serie verschiedenster Streckenlängen über schön organisierte Volksläufe mit Teilnehmerzahlen um die 500 Athleten pro Lauf. Fast an jedem Wochenende gibt es in der Sommerzeit Rennen über zehn Kilometer, einen Halbmarathon oder die volle Marathondistanz, oft mit einem knackigen Streckenprofil.

Ein weiteres Highlight ist der Argus Radmarathon, der alljährlich am zweiten Märzwochenende stattfindet. Auf der 109 Kilometer langen Strecke gehen bis zu 35.000 Teilnehmer an den Start. Es wird gesagt, dabei handele es sich um den größten Radmarathon der Welt. In vier-Minuten-Abständen werden die Gruppen auf die Strecke geschickt. Ein Highlight, das – wenn irgendwie möglich – in die Reise eingeplant werden sollte, vielleicht als letzter Schliff für den IRONMAN? Seit diesem Jahr führt die Strecke wieder über den Chapmanspeak Drive, der herrlichen Küstenstraße, die vorübergehend wegen Steinbruch gesperrt werden musste (www.cycletour.co.za).

In 45 Minuten Autofahrt von Kapstadt aus in östlicher Richtung erreicht man die Weingegend um Stellenbosch und Paarl. Flache bis leicht wellige Runden, wie auch lange Pass-Straßen lassen das Radfahrerherz höher schlagen. Unbedingt sollte der Franchhoek-Pass auf dem Programm stehen, denn er bietet eine unvergleichliche Kulisse.

Was man wissen muss
Die Trainingsbedingungen sind hervorragend, was sicherlich mit dem Klima um diese Jahreszeit und der Zeitzone zusammenhängt. Südafrikas Zeit ist gleich unserer Sommerzeit. Nur wenn wir auf Winterzeit umstellen, müssen die Uhren bei Ankunft in Südafrika um eine Stunde vorgestellt werden. Ungewohnt für viele ist sicherlich der Linksverkehr. Die Straßen sind gut beschildert, allerdings ist sowohl Wegweisung, als auch Ampelpositionierung und Fahrweise der Südafrikaner gewöhnungsbedürftig. Sie nehmen aber Rücksicht auf Radfahrer und halten den Sicherheitsabstand ein. Meistens haben die Straßen gut befahrbare Seitenstreifen.

Die beste Reisezeit startet im Dezember und endet im März. Der Sommer ist vergleichbar mit unserem Klima, es kann aber auch sehr heiß werden (23–35 Grad Celsius). Erfrischung bringt dann aber meistens eine kühle Brise vom kalten Atlantik. Die Hitze ist deshalb trocken und gut zu ertragen. Es gibt Regentage, die aber nicht lange anhalten.

Training zur Morgenstund
Im Dezember und Januar muss vor dem South-Easter gewarnt werden. Es gibt Tage, manchmal sogar Wochen, da weht der Wind einen schier vom Rad. Viele Südafrikaner wählen deshalb die frühen Morgenstunden zum Training: der Wind wird im Tagesverlauf immer stärker (ein Paradies für Surfer), der Verkehr ist morgens geringer und die Temperatur ideal. Im Februar und März ist das Wetter stabiler und der Wind flaut ab.

Weitaus tropischer zeigt sich das Klima in der Gegend um Durban an der Ostküste. Dort ist es richtig heiß und auch schwül. Von Kapstadt nach Port Elizabeth (im Volksmund PE), dem Austragungsort des IRONMAN Südafrika, führt die Garden Route, eine wunderschöne Strecke, die mit dem Auto besichtigt werden sollte. Garden Route steht auf nahezu jedem Reiseplan der Besucher Südafrikas. Allerdings müssen knapp 800 Kilometer bewältigt werden, die zwischen Kapstadt und PE liegen.

Miles and More
Ab ungefähr 680,- Euro kann man in der Hauptsaison zwischen Dezember und März Flüge nach Kapstadt ergattern. Aber Vorsicht mit dem Radtransport. Es gibt Airlines, die für die Radmitnahme bis zu 100,- Euro pro Strecke berechnen. Manche Fluggesellschaften bieten Kundenkarten für circa 30,- Euro im Jahr an. Freigepäck von 30 kg, freie Mitnahmen eines Sportgeräts (das Fahrrad) und Sitzplatzreservierung im Vorfeld gehören zu den Leistungen der Karte.

Die einzige Problematik könnte sein: die Flüge sind größtenteils ausgebucht. Früh buchen lohnt sich, es finden sich aber dennoch immer freie Plätze, um sein Traumziel zu erreichen.

S. Heubach für tri2b.com 2005



                 Klartext Triathlon Podcast

 


Trainingslager in Südafrika


In ihrem Reisebericht berichtet

Anja Beranek  facebook   03/2018

von den Trainingsbedingungen und ihren Erlebnissen aus Stellenbosch

 

Als Profit-Tiathletin empfinde ich es als besonderes Privileg durch meinen Job die Welt bereisen zu können. Der Sport hat mich bisher an viele verschiedene Orte dieser Welt gebracht und ich habe dadurch unglaublich viel gesehen und erlebt ... Dieses Mal hieß das Abenteuer und zu entdeckende Land Südafrika.

Warum Südafrika? Nachdem ich seit acht Jahren viel (Trainings-)Zeit in meiner zweiten Heimat "Las Playitas" auf Fuerteventura verbracht habe, möchte ich hin und wieder gern mal wieder etwas Neues entdecken. Letztes Jahr habe ich gemeinsam mit meiner Trainingskollegin Anja Knapp Thailand bereist und die Trainingsstätten rund um den Sportkomplex "Thanyapura" entdeckt. Diesmal hat Anja die Reiseleitung übernommen und Südafrika ausgewählt, da sie bereits mehrmals mit der DTU dort war und gute Erfahrungen machte. Stellenbosch war allerdings auch für sie neu, aber vom Hören-Sagen ist das kleine Studentenstädtchen sehr sport- und radfahrerfreundlich.

Nach 18 Stunden Reisezeit, von Frankfurt über Johannesburg, landeten wir in Kapstadt. Von hier aus ging es mit dem Shuttle in das 40 Minuten entfernte Stellenbosch. Unseren kleinen Temperatur- (Unterschied von 50 Grad) und Kulturschock (kilometerlange Townships und ziemlich viel Plastikmüll) überwanden wir schnell, als wir besonders herzlich von unserem Vermieter unseres 2-Zimmer-Apartments empfangen wurden. Zwar schien uns die vergitterten Fenster und Türen unserer Wohnung anfangs ein wenig befremdlich, aber in Südafrika ist das eben so.

Kaum angekommen, schnappten wir schnell unsere Schwimmsachen und erledigten unsere erste Einheit. Das ist eben Profi-Sport. Nur 5 Lauf-Minuten entfernt von unserer Unterkunft befand sich die Universität von Stellenbosch mit vielzähligen Einrichtungen wie zwei Schwimmbecken, einem riesigen Gym sowie unzähligen Rugbyfeldern, die sich hervorragend als 400-m-Grasbahnen zum Laufen eigneten. Wir wurden also Mitglied und zählten nun auch zu den „Maties“, wie sich die Studenten dort nennen.

Von früh bis spät wimmelte es am Campus von jungen Sporttreibenden. Ich fühlte mich ein wenig wie in einem High-School-Movie. Die Atmosphäre ist wirklich einzigartig und motivierte Anja und mich täglich. Nicht nur auf dem Campus, sondern eigentlich in der gesamten Stadt Stellenbosch wimmelt es von jungen und sportlichen Menschen.

Die pulsierende Kleinstadt ist geprägt von vielen kleinen und liebevoll eingerichteten Cafés, Bars und Restaurants. Die Menschen genießen hier mittags ihren Lunch, den Kaffee am späteren Nachmittag oder man trifft sich abends zum Dinner oder auf ein gemütliches Glas Wein. Die Stadt ist umgeben von Naturschutzgebieten und den Cape Winelands, wo die besten Weine der Welt angebaut werden. Der Anblick dieser Weinfarmen ist wirklich romantisch und ein Wine-Tasting auf einer der Farmen quasi obligatorisch.

Bevor wir allerdings das Touri-Programm und die Freizeitmöglichkeiten studierten, galt es das Training optimal zu gestalten ... und zugegeben, das war beim Radfahren ein wenig herausfordernd. Die deutsche Profi-Triathletin Kathrin Walter, die seit acht Jahren in Stellenbosch lebt, half uns ein wenig, uns besser zu orientieren und zurecht zu finden. Sie empfahl uns geeignete und vor allem sichere Radstrecken und begleitete uns hin und wieder.

Kathrin lehrte uns den „360-Grad-Blick“ ebenso, wie dass „fast jeder hier eine Statistik ist“ – so lautet ein landestypischer Scherz. Denn fast alle Einwohner wurden mindestens einmal überfallen und somit ist fast jeder Teil der Kriminalstatistik. Anja und ich wollten aber nicht unbedingt zu dieser Statistik gehören, daher gab es uns ab sofort nur im Doppelpack und ihr Freund Michi musste uns bei fast allen Einheiten „Begleitschutz“ geben. Obwohl er eigentlich Läufer ist, schwang er sich fast immer mit aufs Rad und gab uns ein sicheres Gefühl. Als Dankeschön wurde er abends von uns beiden gesund bekocht mit Leinsamen & Co.

Traumhafte Trainingsbedingungen

Das Radfahren ist landschaftlich ein Traum! Oft haben wir uns unsere Mountainbikes gewünscht, um die Weinberge zu erobern und noch näher der Natur sein zu können. Dies hätte auch den Vorteil von einer noch besseren Bereifung und weniger Platten mit sich gebracht. Zwar hatte ich auf Empfehlung von meinem Partner Continental schon die pannensichersten „Four Seasons“ aufgezogen, aber gegen Dornen und Eisensplitter halfen auch die nichts. Unsere Spitzenreiter-Tour zählte fünf Platten! Nach einer Dornenpassage auf der Standspur hatte Anja vorn und hinten einen platten Reifen, ich hingegen „nur“ vorn. Mit insgesamt zwei Ersatzschläuchen und natürlich keinem Flickzeug war das natürlich nicht so lustig. Aber wir hatten Glück im Unglück und nur zwei Kilometer entfernt befand sich ein Bike Shop. Daher wurde die Einheit um eine längere Laufeinheit (gezwungenermaßen) erweitert. Wir erlebten dort einen Kaufrausch in Sachen „Fahrradschläuche“. Nach dieser (Tor-)Tour „bewaffneten“ wir uns zu jeder weiteren Ausfahrt mit mindestens vier bis fünf Ersatzschläuchen und änderten unseren Trainingsschwerpunkt für den Rest des Camps zu Swim & Run.

Die Laufbedingungen waren auch ideal. Auch wenn das "400-m-Stadion" gerade (naja, sagen wir eher: seit Monaten) in „afrikanischer Geschwindigkeit“ renoviert wurde, gab es unzählig viele Grasbahnen bzw. Hockeyfelder, die sich perfekt zum Intervalltraining eigneten. Kathrin lud uns auch in ihre Laufgruppe ein, die sich zweimal pro Woche traf und von dem erfahrenen Laufcoach Ernie geleitet wurde. Ernie ist eine Mischung aus einem einfühlsamen und fürsorgliche Laufcoach und gleichzeitig ein totaler Zahlenfreak. Er hat viele Weltmeistertitel und Olympiamedaillengewinner hervorgebracht – auch wenn er diesen Erfolg und Umstand einfach als „Glück", dass er im Leben hatte, bezeichnet. "Das, was wir machen, hat nichts mit Laufen zu tun". Wir wurden in der Gruppe mit offenen Armen und einem "warm african welcome" empfangen. Bereits nach der ersten gemeinsamen Laufeinheit waren wir fester Bestandteil der Gruppe. Besonders beim Beobachten der schwarzen Läufer in der Gruppe mussten wir neidlos feststellen, dass das, was wir machen, nichts mit Laufen oder Ästhetik zu tun hat, sondern eher Stolpern und Vorwärtskämpfen gleicht. Wir schmolzen beim Anblick der Leichtfüßigkeit und Dynamik dahin und nahmen das, was wir sahen, als große Motivation. Sehr aufmerksam befolgten wir alle Worte und Zahlen von Ernie.

Die drei Wochen Südafrika vergingen wie im Flug und – um ehrlich zu sein – fiel uns der Abschied aufgrund der Menschen, die wir getroffen und lieb gewonnen hatten, ein wenig schwer. Vor allem aber auch die Auflösung unserer eingespielten 3er-WG, in der jeder seine feste Aufgabe hatte: Michi war der Mann fürs Spülen, da Anja auf keinen Fall Spülhände haben wollte. Ich war die Küchenchefin – oder besser: die „Mutti“ am Kochtop wie zu Hause bei meinen eineinhalb Männern, zwei Katzen und Hund. Alle Drei waren immer bemüht, dass sich während der häuslichen Arbeit niemand „im Leerlauf“ befand und die Arbeit gerecht verteilt wurde.

Auch so waren wir ein grandioses Team – wir gingen jeden Abend vor dem Schlafen gemeinsam auf Moskitojagd. Während Anja und Michi die Schokolade tafelweise und Cola literweise verschlangen, landeten die Kalorien irgendwie auf meinem Kalorienkonto und Hüften. Dafür war ich der Windbreaker beim Radfahren und übernahm das Steuer im Auto wenn Anja und Michi die Pace beim Laufen machten. Wir tüftelten gemeinsam an einem minimalen Wasserverbrauch, um den vorherrschenden Wassermangel nicht noch durch unseren Aufenthalt zu verschlimmern. Das Spülwasser diente der Toillettenspülung und während wir duschten, wuschen wir die Sportkleidung unter uns gleich mit aus.

Auf einer Wohnfläche von 50 Quadratmeter bleibt auch nicht viel Platz für Intimitäten oder Privates, aber dafür hat man auch viel Zeit, um sich auszutauschen, gegenseitig zu inspirieren und voneinander zu lernen. Auch wenn Anja noch auf der olympischen Distanz zu Hause ist, können wir Dank guter Planung unseres gemeinsamen Trainers Dan Lorang fast alles zusammen machen. Und wenn ich als Dieselmotor vor jeder Einheit ein mehrminütiges Warm-up oder einen Morgenkaffee brauche, um mich auf Betriebstemperatur zu bringen, nutzt Anja eben diese Zeit zur Regeneration. So wurden durch drei Wochen Südafrika Anja und ich von Triathlonfreundinnen zu Triathlonschwestern.

Wir haben drei Wochen sehr erfolgreich und ernsthaft trainiert, jedoch nicht eine Stunde ohne Spaß oder ohne einem Lachen. Am lautesten haben wir dabei immer über uns selbst und unser Profi-Dasein mit all unseren Ticks, Tricks und Alltagsroutinen gelacht ... Ich kehrte zurück mit einem Koffer voller Biltong (Trockenfleisch: Lieblingsessen meiner zwei kleinen Nichten) und zwei Flaschen hochwertigstem „Van de Mey“-Wein (Danke an die Weinfarmerin Katrin Walter!) sowie jeder Menge Afrika-Erfahrungen, die weit über den Sport hinausgingen.
"Viele Afrikaner haben keine Uhren, aber sie haben die Zeit"

Südafrika ist ein Land voller Gegensätze – es teilt sich in Schwarz und Weiß und Arm und Reich. In Afrika werden Fremde mit offenen Armen empfangen und das Wenige, was viele nur besitzen auch noch wie selbstverständlich geteilt. Viele afrikanische Menschen haben keine Uhren, aber sie haben Zeit. Bei uns in Deutschland ist das umgekehrt. Ich versuche, ein klein wenig afrikanische Sonne und vor allem afrikanische Zeit mit nach Hause zu nehmen und zu sagen: Danke, Südafrika! Travelling opens a window to the world. Ukuhamba Kukubona. Es blieben ein paar mehr oder weniger wichtige Dinge in Südafrika ungeklärt:

Warum steckten alle dänischen Nationalkaderschwimmerinnen, die mit uns im Becken trainierten, ihren Badeanzug in die (Popo-)Ritze?
Und warum gibt es auf der Welt diese ungleiche Verteilung?
Warum habe gerade ich das Glück, in solch einem Wohlstand leben zu dürfen?

Viele Afrikaner haben keine Uhren, aber sie haben die Zeit.

 

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