Ausdauerleistungsfähigkeit - was steckt dahinter?

Wodurch wird die Ausdauerleistungsfähigkeit bestimmt bzw. was sind die leistungslimitierenden Faktoren der Ausdauerleistungsfähigkeit?

Ausdauer ist die Fähigkeit, möglichst lange einer Belastung zu widerstehen, deren Dauer und Intensität letztlich zur Ermüdung und damit zur Leistungseinbuße führt. Darüber hinaus beschreibt die Ausdauer die Fähigkeit, sich möglichst schnell wieder regenerieren zu können. Vereinfacht kann Ausdauer als Ermüdungswiderstandsfähigkeit in Kombination mit Regenerationsfähigkeit definiert werden.

Unter dem Begriff der Ausdauerleistungsfähigkeit versteht man nun also die Fähigkeit möglichst lange diesen Punkt der Ermüdung hinauszuzögern. Man spricht dabei auch von der aeroben Kapazität, d.h. dass der Körper keine Sauerstoffschuld eingeht, sondern mehr Sauerstoff aufnimmt als er verbraucht. Entscheidend für die Ausdauerleistungsfähigkeit ist also die Fähigkeit des Organismus eine größtmögliche Menge Sauerstoff aus der Luft aufzunehmen, schnell an die arbeitende Muskulatur zu transportieren und dort in Energie umzusetzen. Die Sauerstoffaufnahme ist demnach die entscheidende leistungsbegrenzende Größe für alle länger andauernden Ausdauerbelastungen. Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) dient deswegen als Bruttokriterium zur Beurteilung der Ausdauerleistungsfähigkeit. Beachten sollte man jedoch, dass die VO2max dabei die Sauerstoffaufnahme der inneren Organe, bei körperlicher Belastung in erster Linie der Muskulatur, bezeichnet und nicht etwa die Sauerstoffaufnahme der Lunge. In einer kleinen Definition ausgedrückt heißt das:

Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) repräsentiert das maximale Transportvermögen von Sauerstoff aus der Atemluft in die Arbeitsmuskulatur.

Die Sauerstoffaufnahme kann man in drei Schritte unterteilen, die wir näher betrachten sollten; in die Sauerstoffzufuhr durch die Atmung, den Sauerstofftransport im Herz-Kreislauf-System sowie die Sauerstoffverwertung innerhalb der Muskelzelle während einer Ausdauerbelastung.

Die Sauerstoffzufuhr durch die Atmung ist hierbei jedoch nicht der entscheidende Faktor. So führt ein großes Lungenvolumen (Vitalkapazität) nicht automatisch zu einer guten Ausdauerleistungsfähigkeit, denn bei jedem Atemzug wird dem Blutkreislauf in der Lunge beim gesunden Menschen, ob trainiert oder untrainiert, sowieso ein Überangebot an Sauerstoff zur Verfügung gestellt. Natürlich liefert ein größeres Lungenvolumen dem Blut bei jedem Atemzug noch mehr Sauerstoff, leistungsentscheidend ist die Vitalkapazität allerdings nicht. Vielmehr sind der Transport des Sauerstoffs im Blut sowie dessen Verwertung in den Mitochondrien, den "Kraftwerken" der Zelle, als Flaschenhälse der Energiebereitstellung zu betrachten. Ebenso ist auch die ergogene (leistungsfördernde) Wirksamkeit von EPO oder Blutdoping zu erklären. Durch diese Maßnahmen wird die Sauerstofftransportkapazität des Blutes auf verbotene und mitunter gesundheitsgefährdende Art und Weise erhöht.

Zusammenfassend ist der Sauerstofftransport im Blutkreislauf entscheidender als die Sauerstoffaufnahme aus der Atemluft. Je mehr Blut in der Minute vom Herzen durch den Körper gepumpt wird, um so mehr Sauerstoff kann von den Lungen zur Muskulatur befördert werden. Man spricht dabei vom Herzminutenvolumen (HMV). Errechnet wird es aus:

Schlagvolumen (=die Menge Blut, die vom Herzen bei einem Schlag ausgeworfen wird) mal Herzfrequenz

Das HMV begrenzt somit die VO2max. Es ist der entscheidende Faktor für die Ausdauerleistungsfähigkeit und in der Fähigkeit das Herzminutenvolumen bei einer sportlichen Belastung verdoppeln zu können, besteht die wichtigste Anpassungserscheinung des Herz-Kreislauf-Systems an ein regelmäßig betriebenes Ausdauertraining. Möglich wird dies durch ein größeres Herz- und Schlagvolumen, was die direkte Folge eines Sportherzens ist.

Der zweite entscheidende Faktor ist die Sauerstoffverwertung in der Muskelzelle. Ausdauertraining bewirkt eine verbesserte Kapillarisierung, d.h. durch Ausdauertraining werden vorhandene Kapillaren (die kleinsten Blutgefäße) erweitert, neue gebildet und Ruhekapillaren wieder eröffnet. Da in den Kapillaren der Sauerstoffaustausch zwischen Blut und Muskelzelle stattfindet, können Ausdauertrainierte den betreffenden Muskelzellen während einer Belastung wesentlich mehr Sauerstoff zur Verfügung stellen und ihn somit besser ausschöpfen. Daneben erhöht sich in den Muskelzellen die Anzahl der Mitochondrien, was den Ausdauersportler dazu befähigt, pro Zeiteinheit mehr Energie umzusetzen.

Wie wird Ausdauerleistungsfähigkeit gemessen?
Gemessen wird die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) in Millilitern Sauerstoff pro Minute (ml O2/min). Zum Vergleich: Untrainierte Männer zwischen 20 und 30 Jahren erreichen normalerweise VO2max-Werte zwischen 3100 - 3500 ml O2/min (Frauen 2000 - 2400 ml O2/min). Ausdauertrainierte Weltklasseathleten dagegen 6000 ml O2/min und mehr, also können sie ihren Körper innerhalb einer Minute fast doppelt soviel Sauerstoff zur Verfügung stellen. Das wird vor allem durch das größere Herzvolumen und damit dem größerem Herzminutenvolumen möglich. Aufgrund unterschiedlicher Körpergewichte eignet sich jedoch die relative, d.h. gewichtsbezogene Sauerstoffaufnahme besser als Vergleichsgröße. Angegeben wird sie in Milliliter Sauerstoff pro kg Körpergewicht und Minute (ml O2/kg und min) Hier erreichen Spitzenathleten Werte von 80 -90 ml O2/(min x kg), im Vergleich dazu untrainierte Männer lediglich Werte von 40 - 55 ml O2/(min x kg) (Frauen 32 - 40 ml O2/(min x kg)).

Kann jeder Spitzensportler werden?
Der Unterschied zwischen Radprofis und Sesselsportlern bezüglich der Ausdauer ist also die Fähigkeit mehr Sauerstoff maximal aufnehmen und umsetzen zu können. Die Ausbildung eines Sportherzens sowie die sogenannte selektive Hypertrophie, d.h. die Zunahme an Mitochondrien in den langsam zuckenden Muskelfasern sind die maßgeblichen organischen Anpassungserscheinungen, die dabei helfen, das mit der Lunge aufgenommene Mehrangebot an Sauerstoff optimal ausschöpfen und umsetzen zu können. Obwohl die Ausdauer in jedem Lebenabschnitt nahezu gleichermaßen trainierbar ist, werden Tour de France - Gewinner leider nicht nur gemacht, sondern auch geboren. Die maximale Sauerstoffaufnahme ist nur bedingt trainierbar und kann in etwa um bis zu 50% durch Training gesteigert werden. Die sogenannte Baseline, also der Ausgangswert, den ein Mensch ganz ohne Training hat, ist genetisch festgelegt. Das Talent zum Ausdauersportler wird einem also förmlich in die Wiege gelegt. Untrainierte "Talente" sollten dabei schon mindestens über eine VO2max von 60 ml/(min x kg) verfügen, um durch langes, zielgerichtetes Training letztendlich Spitzenwerte von bis zu 90 ml/(min x kg) zu erreichen. Zusammenfassend bedeutet dies: Wer mit Erik Zabel und Baden Cooke ums grüne Trikot sprinten will, schneller als Richard Virenque die Pyrenäen hinaufradeln und im nächsten Jahr mit Jan Ullrich und Lance Armstrong um das legendäre "maillot jaune" kämpfen möchte, muss nicht nur optimal trainieren und Material vom Feinsten haben, sondern zusätzlich die richtigen Gene aufweisen, um eben nicht nur ein guter, sondern der Beste zu sein.

Quelle: Benjamin Göddel / fitness.com

 

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