Besser laufen durch gesunde Körperhaltung Lena Krey 09/2025

Ein unbeweglicher Unterkörper oder auch Atemprobleme können aus schlechter Körperhaltung resultieren. Das hat auch Einfluss auf deine Laufleistung.

Viele Läuferinnen und Läufer glauben, unflexible Hüften und Oberschenkelrückseiten seien eine unvermeidliche Begleiterscheinung des Laufens. Sie denken, um je wieder vornübergebeugt mit durchgedrückten Beinen ihre Zehen berühren zu können, müssten sie weniger laufen oder mehr Yoga machen. Doch meist ist nicht das Laufen der Grund für die eingeschränkte Beweglichkeit, sondern eine schlechte Körperhaltung. Dehnübungen sorgen nur für kurzfristige Entspannung. Entscheidend ist, die Körperhaltung dauerhaft zu korrigieren. Denn davon profitieren nicht nur deine Beweglichkeit, sondern auch Laufleistung, Atmung und Lauftechnik.

Warum eine gesunde Körperhaltung für Läufer so wichtig ist

Deine Körperhaltung entscheidet darüber, wie effizient du dich bewegst, wie gleichmäßig deine Muskulatur arbeitet und wie hoch dein Verletzungsrisiko ist. Läufst du mit hängenden Schultern, eingeknicktem Oberkörper oder zu starker Vorneigung, verschwendest du Energie und belastest deine Gelenke und Sehnen unnötig.

Auch eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass eine übermäßige Vorwärtsneigung die Laufökonomie deutlich verschlechtert: Läuferinnen und Läufer mit dieser Haltung verbrauchen bei gleicher Geschwindigkeit rund acht Prozent mehr Sauerstoff und ermüden schneller. Ursache ist die erhöhte Belastung ineffizient arbeitender Muskeln wie Hüftbeuger oder hinterer Oberschenkel. Umgekehrt sorgt eine stabile Rumpfmuskulatur für eine aufrechte Haltung, verbessert die Atmung und entlastet Beine und Rücken.

Anzeichen für eine schlechte Körperhaltung erkennen

Typische Anzeichen für eine schlechte Körperhaltung sind hängende Schultern, ein nach vorn fallender Oberkörper oder ein zu starkes Hohlkreuz. Auch ein unruhiger Armstil oder asymmetrische Bewegungen – etwa wenn ein Arm stärker mitschwingt als der andere – deuten darauf hin, dass dein Oberkörper nicht stabil genug ist.

Langfristig können solche Fehlhaltungen Auswirkungen auf deinen gesamten Körper haben. Das zeigt sich in Form von Verspannungen im Nacken, Schmerzen im unteren Rücken oder Problemen an Hüfte und Knien. Ein weiteres Warnsignal ist, wenn du das Gefühl hast, schneller zu ermüden oder wenn du unnötig viel Energie aufwenden musst, um dein Tempo zu halten.

Von Muskelverspannung bis Atemproblemen: Die Folgen einer schlechten Haltung

Viele Läufer und Läuferinnen haben im Stehen eine „überstreckte Körperhaltung“. Dabei ist das Becken nach vorn gekippt, der Oberkörper vorgebeugt, das Gesäß ragt nach hinten und der untere Rücken ist stark gebogen.

Daran erkennst du eine schlechte Körperhaltung: Der Kopf befindet sich zu weit vorn, etwa über den Zehen. Der untere Rippenbogen und das Brustbein ragen nach vorn, zudem ist der untere Rücken stark gebogen. Dadurch sind die Bauchmuskeln gestreckt. Das Gesäß ist nach hinten oben geschoben, das Becken stark nach vorn gekippt. Diese ungesunde Haltung begünstigt Verspannungen in den hinteren Oberschenkeln, da die Muskeln permanent verlängert werden.

Folge 1: Beeinträchtigung des Zwerchfells und der Atmung

Diese Haltung sieht nicht nur schlecht aus, sie beeinträchtigt auch die Funktionsfähigkeit des Zwerchfells. Das Zwerchfell ist aber der wichtigste Atemmuskel. Wenn deine Körperhaltung permanent überstreckt ist, verflacht das Zwerchfell und kann seinen Zweck nicht richtig erfüllen. Die Folge: Zur Aufrechterhaltung der Sauerstoffversorgung der Muskulatur rekrutiert Ihr Gehirn andere Muskeln, um dem Zwerchfell bei der Atmung zu helfen – darunter die Hüftbeuger und die untere Rückenmuskulatur. Kurz gesagt: Wenn das Zwerchfell nicht richtig funktioniert, leidet die gesamte Statik.

Folge 2: Verspannungen der hinteren Oberschenkel

Infolge der permanenten Beanspruchung verkrampfen dann nämlich die Hüftbeuger – und unflexible Hüftbeuger ziehen wiederum das Becken nach vorn und schieben das Gesäß zu weit nach hinten raus. Fachleute nennen dies eine „Anteriore Beckenkippung“, was bedeutet, dass dein Becken nach vorn geneigt ist – du fällst ins Hohlkreuz. Eine solche Hüftstellung bewirkt eine permanente Dehnung der Oberschenkelrückseiten, wodurch diese sich irgendwann fest und verspannt anfühlen. Aber ist eine Dehnung der hinteren Oberschenkel nicht etwas Gutes? Nicht, wenn die Dehnung vom Becken kommt. Stretching zur Dehnung und Verlängerung der hinteren Oberschenkel kann bei akut verkürzten Muskeln durchaus sinnvoll sein, ein permanenter Zug durch ein nach vorn gekipptes, falsch stehendes Becken führt jedoch zu Verspannungen und sollte deshalb korrigiert werden.

Wie du deine Haltung Schritt für Schritt korrigierst

Eine aufrechte Körperhaltung wirst du nicht über Nacht bekommen. Eine dauerhafte Korrektur gelingt dir wahrscheinlich nur dann, wenn du nicht allein auf Dehnung setzt, sondern gleichzeitig muskuläre Dysbalancen ausgleichst, deine Rumpfstabilität verbesserst und das Zwerchfell in die Atmung integrierst. Achte deshalb auf folgende drei Punkte:

1. Schaffe Bewusstsein: Auch im Alltag solltest du regelmäßig innehalten und deine Haltung überprüfen. Besonders wichtig ist das beim Sitzen und Gehen. Wenn du früh bemerkst, dass deine Schultern hängen oder das Becken nach vorn kippt, dann kannst du sofort gegensteuern.
2. Nutze deine Atmung: Mit gezielten Atemübungen kannst du dein Zwerchfell aktivieren. Das stabilisiert die Körpermitte von innen heraus, reduziert die Überlastung der Hüftbeuger und sorgt für eine tiefere, ökonomischere Atmung beim Laufen.
3. Stärke deine Muskeln: Vor allem die hinteren Oberschenkel und die Rumpfmuskulatur müssen trainiert werden. Sie sind die Gegenspieler der verkürzten Hüftbeuger und sichern eine neutrale Beckenposition.

Langfristig verändert sich so nicht nur die Haltung im Stand, sondern auch der Bewegungsablauf beim Laufen. Und als Läuferin oder Läufer profitierst du sogar von mehreren Effekten: Du reduzierst dein Verletzungsrisiko und steigerst gleichzeitig die Effizienz deiner Schritte. Aber wie genau solltest du jetzt vorgehen, um das zu erreichen und eine gesunde Körperhaltung zu bekommen? Wir zeigen dir Übungen und erklären, warum Stretching nur bedingt dabei helfen kann.

Stretching bringt nur kurzfristige Entlastung

Zur kurzfristigen Entspannung kannst du deine Oberschenkel mit der Yoga-Übung „herabschauender Hund“ dehnen. Das tut gut, beseitigt die chronische Verspannung aber nicht dauerhaft. Langfristig hilft nur eine Haltungskorrektur. Entscheidend ist, dass du dir die richtige Haltung vor Augen führst und den Tag über immer wieder deine Hüftstellung prüfst und korrigierst.

Bei einer gesunden Körperhaltung befindet sich der Kopf senkrecht über dem Mittelfuß. Rippen und Brustbein ragen nicht nach vorn, die Bauchmuskeln sind nicht verlängert. Der untere Rücken ist nur leicht gebogen, das Gesäß ist nicht nach hinten geschoben. Das Becken ist gerade oder nun wenig nach vorn gekippt. Die hinteren Oberschenkelmuskeln sind nicht verspannt.

Empfehlenswert sind auch einfache Atemübungen zur Aktivierung des Zwerchfells sowie Übungen zur Stärkung der hinteren Oberschenkel. Damit entlastest du die überstrapazierten Hüftbeuger und verschaffst deinen Oberschenkeln langfristig Entspannung. Das ist der erste Schritt zu einer aufrechteren Haltung, einer tieferen Atmung und besseren Laufleistungen.

Die besten Übungen für eine gesunde Körperhaltung

Diese Übungen und noch viele andere, die dir zu einer gesünderen Körperhaltung verhelfen, zeigen wir dir hier:

Atemübung zur Haltungskorrektur

Um eine überstreckte Haltung zu korrigieren, musst du das vollständige Ausatmen lernen. Führe diese Übung täglich durch.

1. Leg dich mit aufgestellten Füßen auf den Rücken, etwa auf ein Handtuch oder eine Gymnastikmatte. Atme durch die Nase ein und spüre, wie sich dein Bauch hebt und dein Steißbein sich senkt.
2. Atme nun durch den Mund aus. Drücke die Luft komplett aus deinen Lungen. Deine Bauchmuskeln nähern sich dem Boden, die Krümmung im unteren Rücken nimmt ab und ein größerer Teil des Beckens berührt den Boden.
3. Sobald du vollständig ausgeatmet hast, warte 3 bis 5 Sekunden. Dein Brustkorb senkt sich. Ziehe das Becken mit den unteren Bauchmuskeln in eine neutrale Position. Der mittlere Rücken und der obere Teil des Gesäßes drückt auf den Boden. Versuche diese Position zu halten, wenn du nun in Brust und Bauch einatmest. 4 bis 5 Wiederholungen.

Work-out zur Stärkung und Entlastung der hinteren Oberschenkel

Wie gesagt, verbessert Stretching nicht automatisch die Flexibilität und Bewegungsradius der hinteren Oberschenkel; auch wenn man das landläufig so annehmen würde. Wenn nämlich eine Fehlhaltung der Hüfte vorliegt, sind die Oberschenkelrückseiten bereits überdehnt. Stretching kann in diesem Fall sogar kontraproduktiv sein. Der erste Schritt zur Entlastung besteht dann darin, auf die korrekte Stellung des Beckens hinzuwirken – durch permanentes Überprüfen den Tag über und die oben gezeigten Atemübungen. Durch die neutrale Beckenstellung wird die Spannung an der Oberschenkelrückseite reduziert.

Unterstützen kannst du das im zweiten Schritt durch die Stärkung der hinteren Oberschenkelmuskeln. Diese können dann besser helfen, das Becken in der richtigen Position zu halten – beim Sitzen, Gehen und Laufen. Wir empfehlen zwei Trainingseinheiten pro Woche, die dir helfen, das Becken in die richtige Stellung zu bringen. Starte jeweils mit den beiden Aufwärmübungen „Bauchheben auf allen Vieren“ und „Liegendes Hüftheben“ beginnen und führe anschließend im Wechsel zwei weitere Übungen aus. Wenn du zwei- bis dreimal in der Woche läufst, absolviere die Einheiten an den freien Tagen. Läufst du öfter, kannst du sie auch ans Lauftraining anhängen.

Das Warm-up

Bauchheben auf allen Vieren

Knie dich in den Vierfüßlerstand auf eine Gymnastikmatte, die Hände direkt unter den Schultern. Atme aus und mach einen Katzenbuckel. Halte die Position für vier bis fünf tiefe Atemzüge und entspanne dich anschließend. Fünfmal wiederholen.

Liegendes Hüftheben

Leg dich auf den Rücken und stelle die Füße an eine Wand, sodass Hüfte und Knie jeweils im 90-Grad-Winkel gebeugt sind. Breite die Arme seitlich auf dem Boden aus. Atme aus. Spanne jetzt den Bauch an und hebe das Becken leicht an, bis dein Rücken flach auf dem Boden liegt. Atme fünfmal tief ein und betont langsam aus. Danach entspannst du dich kurz. Wiederhole die Übung fünfmal.

Trainingstag 1

Kreuzheben

Nimm dir zwei Hanteln, strecke das Gesäß nach hinten und kippe das Becken nach vorn. Senke die Gewichte vor deinen Beinen mit geradem Rücken so tief wie möglich und drücke dich aus den Beinen wieder hoch. 3 Sätze mit je 8 bis 10 Wiederholungen.

Beincurl auf dem Ball

Lege dich auf den Boden und stelle die Füße auf einen Gymnastikball. Hebe das Gesäß und spanne es an, sodass dein Körper eine gerade Linie bildet. Atme aus. Rolle nun mit den Fersen den Ball zu dir heran und wieder zurück. Ebenfalls 3 Sätze mit je 8 bis 10 Wiederholungen.

Trainingstag 2


Einbeiniges Kreuzheben

Halte in der linken Hand eine Hantel. Kippe das Becken nach vorn. Hebe dein linkes Bein gerade nach hinten, während du die Hantel langsam senkst, und komme anschließend langsam zurück in den Stand. 3 Sätze mit je 8 bis 10 Wiederholungen pro Seite.

Nordic Hamstring

Knie dich auf eine weiche Unterlage, etwa ein Kissen oder ein gefaltetes Handtuch, und fixiere die Füße. Atme aus und senke den Oberkörper zum Boden. Führe die Bewegung langsam und kontrolliert aus. Wenn du nach vorn fällst, stütze dich mit den Händen ab. Richte dich mithilfe der Hände wieder auf. 3 Sätze mit je 3 bis 5 Wiederholungen.

Wenn dir diese Übungen noch nicht genügen, dann findest du in folgender Tabelle noch mehr Vorschläge. Diese können deinen Trainingsplan ergänzen und gezielt deine Rumpfstabilität, Schulterhaltung und Beckenposition verbessern. Je nachdem, welche Defizite du verbessern möchtest:

Die besten Übungen für eine gesunde Körperhaltung

Übung Erklärung Zielmuskulatur Nutzen für deine Haltung Wiederholungen/Sätze

Plank (Unterarmstütz)

 

 

Unterarme auf den Boden stützen, Körper bildet eine Linie, Bauch und Gesäß anspannen

 

Core, Bauch, Rücken, Schultergürtel Kräftigt die Rumpfmuskulatur und verhindert Einsinken im Laufen 3 × 20–40 Sekunden halten

Bird Dog (Diagonalstrecken im Vierfüßlerstand)

 

Im Vierfüßlerstand abwechselnd rechten Arm und linkes Bein (und umgekehrt) ausstrecken

 

Rückenstrecker, Gesäß, Core Fördert Stabilität, Koordination und Aufrichtung der Wirbelsäule 3 Sätze à 8–10 pro Seite

Sideplank (Seitstütz)

 

 

Auf der Seite abstützen, Hüfte anheben, Körper bildet gerade Linie

 

seitliche Bauchmuskeln, Core, Hüftstabilisatoren Stärkt die seitliche Rumpfmuskulatur, stabilisiert Becken und Hüfte 3 × 15–30 Sekunden pro Seite

Hip Thrust (mit oder ohne Gewicht)

 

 

Oberen Rücken auf eine Bank legen, Füße am Boden, Becken kräftig nach oben drücken

 

Gesäß, hintere Oberschenkel

Fördert Gesäßkraft, entlastet Hüftbeuger und verbessert Beckenhaltung

3 Sätze à 10–12

Face Pulls (mit Band oder Kabelzug)

 

 

Band oder Kabel auf Kopfhöhe befestigen, Ellenbogen nach außen ziehen, Schulterblätter zusammenführen

 

Schulterblattstabilisatoren, oberer Rücken Korrigiert Rundrücken und hängende Schultern 3 Sätze à 12–15

Wall Angels (Schneewand-Übung)

 

 

Mit dem Rücken an die Wand lehnen, Arme wie bei einem „Schneemann“ langsam hoch- und runterführen

 

Schulterblattmuskeln, oberer Rücken Verbessert Schulterbeweglichkeit, richtet den Oberkörper auf 2–3 Sätze à 10

Fazit: Haltung ist mehr als nur Optik

Eine gesunde Körperhaltung entscheidet beim Laufen über Effizienz, Verletzungsanfälligkeit und Leistungsfähigkeit. Wenn du dauerhaft mit nach vorn gekipptem Becken, hängenden Schultern oder rundem Rücken läufst, riskierst du Atemprobleme und einen unökonomischen Laufstil. Auch Verspannungen im Nacken, Schmerzen im unteren Rücken oder Probleme an Hüfte und Knien sind Anzeichen für eine schlechte Körperhaltung.

Die gute Nachricht: Du kannst deine Haltung trainieren. Atemübungen, kräftigende Work-outs für Rumpf und hintere Oberschenkel sowie kleine Korrekturen im Alltag helfen dir, deine Körperhaltung zu korrigieren. Denn Stretching allein reicht bei einer chronischen Verspannung meist nicht aus und bringt nur kurzfristige Entlastung. In Kombination mit gezielter Muskelarbeit und bewusster Atmung kannst du deine Haltung jedoch spürbar verbessern und profitierst so auch von einer ökonomischeren Lauftechnik.

   Laufsport: Kein Stress für die Gelenke, gut für den Rücken

 

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