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Qi Gong

Früh morgens, noch vor dem Frühstück, treffen sie sich im Park. Ganz konzentriert und in sich gekehrt praktizieren die Chinesen ihre langsamen, fließenden Körperübungen - fast wie in Zeitlupe. Qi Gong hat in China viele Anhänger, es ist praktisch eine Volks-"Bewegung". Von Sport zu sprechen, würde dem Qi Gong nicht annähernd gerecht werden. Denn die Kombination aus Atem-, Bewegungs- und Meditationsübungen sind mehr als reine Leibesertüchtigungen. Qi Gong-Übungen spielen in China eine wichtige Rolle, um die Gesundheit zu pflegen und den Fluß der Lebensenergie (Qi) zu harmonisieren. Qi Gong hat einen festen Platz in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und ist dort eine wichtige Behandlungsmethode.

Historisches
zum Qi Gong

Die Wurzeln des heutigen Qi Gong reichen bis weit in die Vergangenheit: Bereits im 4. Jahrhundert vor Christus beschreiben verschiedene Autoren "Übungen zur Lebenspflege" (Yangsheng), die bereits an heutiges Qi Gong erinnern. Später wurde Qi Gong vor allem in der späten Zhou-Dynastie (etwa 400 bis 200 n. Chr.) weiterentwickelt. In den 1950er Jahren, später noch einmal in den 1980er Jahren, erlangte Qi Gong eine große Beliebtheit.
Der Begriff Qi Gong (oder auch Qigong, Chi gong) von "Qi" (Chi) für Lebensenergie und von "Gong" (Kung) für Üben ab. Die Übungen sind sozusagen "Energiearbeit". Anhänger des Qi Gong sehen darin eine Möglichkeit, Krankheiten abzuwehren und ein langes Leben zu erreichen.

Wie funktioniert Qi Gong?

In der traditionellen chinesischen Kultur spielt die Lebensenergie "Qi" oder "Chi" eine wichtige Rolle. Dabei stellt man sich vor, wie Lebensenergie durch Energiebahnen (die Meridiane) fließt und die verschiedenen Organsysteme versorgt. Im Bereich unterhalb des Nabels, dem "Tor zum Himmel", sammelt sich diese Energie. Ist das "Qi" harmonisch in Fluss, ist der Mensch gesund. Fehlt Lebensenergie oder staut sie sich in bestimmten Organen, bedeutet dies Unwohlsein und Krankheit.
Durch Qi Gong versuchen Übende, das "Qi" durch Bewegung und Konzentration zu harmonisieren und es (wieder) zum Fließen zu bringen.

Übungen im Qi Gong

Die Vielzahl traditioneller Übungen tragen meist poetisch anmutende Namen wie "Den Himmel mit den Händen stützen". Qi Gong-Übungen orientieren sich sehr stark an der Natur. Der Übende nimmt in seiner Vorstellung die Rolle eines Tieres an ("Der Kranich breitet seine Flügel aus") oder versetzt sich meditativ in die Natur, indem er sich zum Beispiel vorstellt, wie eine Kiefer fest verwurzelt zu sein.
Jede einzelne dieser Übungen soll eine bestimmte Wirkung auf die Lebensenergie, haben. Qi Gong-Übungen sollen das Qi vermehren und zum Fließen bringen. Sie sollen sowohl die Gesundheit fördern als auch das seelische Gleichgewicht stärken.

Wie wird Qi Gong praktiziert?


Bei Qi Gong ist es wichtig, die Bewegungsabläufe genau zu erlernen und auf die Atmung zu achten. Dazu eignen sich unterschiedliche Qi Gong-Übungen, etwa Übungen in der Stille und in der Bewegung, Übungen zur Körperhaltung, meditative Konzentration und Atemübungen.
Qi Gong Übungen können im Liegen, Sitzen, Stehen und Gehen ausgeführt werden. Die Grundpositionen sind leicht zu erlernen und fast überall zu praktizieren. Am bekanntesten ist das so genannte Spiel der fünf Tiere, die entsprechend ihren Eigenschaften, den fünf Elementen zugeordnet werden. So steht der behäbige Bär für die Erde, der anmutige Kranich für Metall, der geschmeidige Affe für das Wasser, der kraftvolle Tiger für Holz und der dynamische Hirsch für Feuer. Die Bewegungen dieser Tiere werden nachgeahmt. So können Vorstellungs- und Ausdruckskraft trainiert und Emotionen auf spielerische Weise ausgedrückt werden. Dies ist ideal, um angestaute Aggressionen los zu werden.

Übungsreihe 8 Brokate

Die Bewegungen erscheinen dabei sanft und fließend. Qi Gong ist an Vorstellungen der Natur angelehnt - Praktizierende stellen sich beispielsweise vor, wie ein Baum verwurzelt zu sein oder wie ein Vogel seine Schwingen auszubreiten.
Andere Übungsreihen tragen sehr bildliche, lyrische Namen wie "Die 8 Brokate". Die Brokatübungen sind im Qi Gong recht bekannt und eignen sich besonders für Anfänger, weil sie leicht zu erlernen sind und sehr viele einzelne Körperregionen ansprechen. Doch selbst langjährig Übende finden in der Brokatreihe immer wieder Möglichkeiten, Wahrnehmung, Körperhaltung und Atmung zu vervollkommnen.
Die Qigong-Übungen können grundsätzlich drinnen oder draußen, allein oder synchron in einer Gruppe ausgeführt werden.

Wobei hilft Qi Gong?

Qi Gong wird traditionell zur Gesundheitspflege, Entspannung und Vorbeugung praktiziert. Qi Gong-Übungen schulen die Konzentration und Merkfähigkeit, verbessern die Selbstwahrnehmung, fördern Gleichgewichtssinn und Beweglichkeit und führen so zu einem besseren Körpergefühl. Bei regelmäßigem Üben wird der Atem vertieft, die Haltung bessert sich, Muskeln werden besser durchblutet, Gelenke sanft bewegt und Sehnen gedehnt, die Wirbelsäule aufgerichtet. Die Bewegungen wirken positiv auf das Nerven- und Kreislaufsystem und stärken die Abwehrkräfte.
Die sanften Qigong-Übungen erfordern keine besondere Kraftanstrengung und sind in jedem Alter möglich. Als begleitende Therapie sind sie zum Beispiel empfehlenswert
· bei Rückenschmerzen, Haltungsschäden, Gelenkproblemen
· bei Stress, Schlafstörungen, Müdigkeit, und stressbedingten Störungen wie Kopfschmerzen, Reizmagen, Reizdarm
· bei Bluthochdruck und Kreislaufproblemen
· zur Gesunderhaltung im Alter

Fazit: Die sanften Bewegungen lockern den Körper, helfen Verspannungen zu lösen, kräftigen die Muskulatur, Sehnen und Bänder und regulieren das Herz-Kreislauf-System und den Atem. Rückenschmerzen und Schlafstörungen verabschieden sich meist rasch. Das Üben von Qi Gong ermöglicht uns im Alltag entspannt und zugleich präsent und achtsam zu sein und führt zu mehr Gelassenheit.

Nebenwirkungen und Gegenanzeigen sind bei Qi Gong nicht bekannt. Die Übungen ersetzen keine medizinische Behandlung, können jedoch auch bei bestehenden Erkrankungen durchgeführt werden, um eine Therapie zu unterstützen. Eingesetzt wird Qi Gong als begleitende Maßnahme unter anderem in der Schmerztherapie, in der Krebsbehandlung, bei Burnout sowie in der Rehabilitation nach schweren Erkrankungen. In diesen Fällen sollten Betroffene mit dem Arzt Rücksprache halten und sich in Obhut eines erfahrenen Lehrers begeben.

Qi Gong und der Unterschied zu Tai-Chi Chuan

Sowohl Qi Gong als auch Tai-Chi Chuan (auch Tai Chi, Taiji oder Taijiquan) haben eine lange Tradition und sind im Laufe der Jahrhunderte in China entwickelt worden. Beide stützen sie sich auf den Denkansatz des Daoismus beziehungsweise der Traditionellen Chinesischen Medizin, die Lebensenergie Qi spielt eine wichtige Rolle, ebenso das Gleichgewicht verschiedener Kräfte (Yin und Yang, die fünf Elemente).
Wenn man sich eine Übungsreihe des Tai-Chi Chuan anschaut, so glaubt man kaum, dass es ursprünglich ein im alten China entwickelter Kampfsport zur Selbstverteidigung und für den Nahkampf ist. Im Tai-Chi Chuan (oftmals auch "Schattenboxen" genannt) gibt es waffenlose Formen und Bewegungen, die mit Waffen und Gegenständen wie Schwert, Fächer oder Stock ausgeführt werden. Heute wird Tai-Chi Chuan jedoch auch in China meist aus gesundheitlichen Gründen praktiziert. Auch Tai-Chi Chuan umfasst Meditation und bestimmte Bewegungsabläufe, bei welcher der Übende sich gleichermaßen auf seine Atmung und seine Bewegung konzentriert. Tai-Chi Chuan verwendet Elemente des Qi Gong, doch gibt es im Tai-Chi Chuan zusätzlich längere Formen, also Bewegungsabläufe aus mehreren Elementen.
Qi Gong und Tai-Chi Chuan ähneln sich sehr, für einen Menschen der westlichen Welt sind die feinen Unterschiede kaum auszumachen, die Übergänge sind fließend. Beide Bewegungslehren zielen auf einen gesunden Körper, Entspannung und Meditation ab.

 

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