Schön geschmeidig bleiben: Mobilisation für alle Disziplinen 05/2013

Die Beweglichkeit eines Kindes besitzen die wenigsten Erwachsenen. Je älter wir werden, desto schwerer fallen uns Bewegungen, die früher einfach waren. Wer kann sich noch mit gestreckten Beinen die Laufschuhe schnüren oder sich mit den Händen hinter dem Rücken am Schulterblatt kratzen? Folgende Übungen zeigen, wie du mit Mobility-Training Sehnen, Muskeln und Gelenke auf die bevorstehende Belastung vorbereitest, das Verletzungsrisiko verringerst und deine Bewegungsamplitude vergrößern kannst.

Beweglichkeit ist trainierbar!

Auch wenn jeder Mensch eine andere Grundvoraussetzung an Beweglichkeit mitbringt, kann diese dennoch im Rahmen von verschiedenen Faktoren verbessert werden. Die Beweglichkeit wird von endogenen (inneren) sowie exogenen (äußeren) Faktoren beeinflusst. Exogene Faktoren wie Tageszeit und Temperatur wirken sich ebenso auf die Beweglichkeit aus, wie die endogenen Faktoren Alter, Gewicht oder auch der Gesamtdehnungszustand des Muskels.

Muskelverkürzungen vermeiden

Wahrscheinlich kennst du das Phänomen, dass du nach dem Aufstehen morgens unbeweglicher und steifer bist, als wenn du bereits ein paar Schritte gemacht und dich etwas bewegt hast. Unser heutiger Lebensstil führt mit viel sitzenden Tätigkeiten zu verkürzten Muskeln primär im Schultergürtel, Hüftbereich sowie an Bauch und Rücken. Die Verkürzung eines Muskels ist immer eine Störung im System des Zusammenspiels von Muskeln und Gelenken. Die Folgen der sogenannten Dysbalancen sind auch im Sport spürbar. Ein Gelenk, das nicht mehr in der richtigen Position gehalten werden kann, weil der muskuläre Gegenspieler zu schwach ist, kann zu deutlichen Schmerzen und Beschwerden führen. Zusätzlich darf die mentale Gesundheit im Zusammenhang der Leistungsoptimierung nicht unterschätzt werden.
Kann ein Sportler über einen längeren Zeitraum unverletzt trainieren, wird es ihm eher möglich sein, sein vorhandenes Potenzial abzurufen, da er seine sportliche Leistungsfähigkeit ungestört weiterentwickeln kann. Sind im Prozess des Trainings Verletzungen an der Tagesordnung, sodass er immer wieder von vorn anfangen muss, kann das ein entscheidender Faktor für die Trainingsmotivation des Athleten sein.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Im Triathlon, bei dem drei Disziplinen in hohem Maße trainiert werden, kann der Trainingsumfang leicht zu Verletzungen führen. Vor allem, wenn zwei Disziplinen nacheinander absolviert werden. Nach dem Radtraining mit der ermüdeten Muskulatur noch laufen zu gehen, birgt ein Risiko. Der Hüftbeuger war die gesamte Radausfahrt in einem verkürzten Zustand und soll nun beim Laufen auseinandergezogen werden, damit das Becken richtig gekippt wird. Die Schultern und der Rücken sind durch das Schwimmen und Radfahren betroffen. Beim Schwimmen wird die Schulter durch die Kraulbewegung nach vorn gezogen. Auf dem Zeitfahrrad ist es ähnlich, da du deine Schultern am besten bis zu den Ohren ziehst, um möglichst windschlüpfig zu sein. Gleichst du diese Bewegungen jedoch nicht durch Mobility-Training aus, kann es zu Fehlhaltungen kommen, die mitunter zu einer sehr schmerzhaften Schwimmerschulter führen.

Damit es erst gar nicht so weit kommt, dass sich bei dir Dysbalancen bilden, und damit du im vollen Bewegungsradius die Übungen durchführen kannst, solltest du für deine Beweglichkeit regelmäßig Mobilisation in den Trainingsplan einbauen. Bei der Integration ins Training geht es dabei nicht unbedingt darum, eine zusätzliche Einheit unterzubringen, vielmehr kann ein kurzer fünf- bis zehnminütiger Block vor der jeweiligen Einheit absolviert werden. Zwei bis drei Übungen vor dem Laufen verbessern durch eine erhöhte Beweglichkeit deine Laufökonomie, da weniger Widerstand in der Muskulatur überwunden werden muss. Ebenso kannst du dich besser in die Aero-Position auf dem Rad fallen lassen oder deine Arme entspannt nach vorn führen, wenn du eine gute Brustwirbelsäulenbeweglichkeit aufweist. Beweglichkeitstraining ist dabei ein Zusammenspiel aus Dehnung, Koordinations- und Krafttraining. Es wird nicht nur an einzelnen Muskeln gezogen, es geht darum, den gesamten Bewegungsapparat zu verstehen. Einfach gesagt: Alle Aufwärmformen dienen der Erhöhung der Beweglichkeit und sind dem Nichtaufwärmen überlegen.

Mit Lockerheit durchs Wasser gleiten

Das Geheimnis des Schwimmens liegt darin, dem koordinativ sehr anspruchsvollen Bewegungsablauf eine gewisse Lockerheit zukommen zu lassen. Um einer Schwimmerschulter vorzubeugen und die „Range of Motion“, also die Bewegungsamplitude, für das anstehende Training zu maximieren, empfiehlt es sich, Mobilisationsübungen für den Schultergürtel und die Brustwirbelsäule im zeitlichen Umfang von fünf bis zehn Minuten zu integrieren. Für flexible Schultern atmest du komplett aus, hältst du die Hände mittig auf der Brust und versuchst, die Ellbogen so weit wie möglich nach vorn zu führen (Foto 1). Die Spannung hältst du einen Moment und löst diese mit einem tiefen Einatmen. Dabei legst du die Hände seitlich an den Brustkorb und versuchst nun, die Ellbogen möglichst weit nach hinten zu führen. Achte darauf, dass du die Schultern nicht Richtung Ohren ziehst, sondern dass sie unten bleiben (Foto 2).

Mit einem Schulterzucken zur Entspannung

Auch beim Radfahren sind lockere Schultern das A und O für eine gute aerodynamische Position, um den sogenannten Shoulder Shrug lange zu halten. Um die Schultern und den Brustkorb zu „öffnen“, stellst du dich neben das Rad, hältst es an den höchsten Punkten mit flach abgelegten Händen stabil. Mit gestreckten Armen und Beinen sowie waagerechtem Oberkörper lässt du nun deine Brust Richtung Boden sinken, während du ausatmest. Mit jedem Atemzug versuchst du, weiter nach unten zu kommen (Foto 1). Zweite Übung: Ziehe die Schultern nach oben in Richtung der Ohren (Foto 2), kurz halten und dann wieder fallen lassen. Der rhythmische Wechsel von Spannung und Entspannung (progressive Muskelentspannung) sorgt für Lockerheit in der jeweils angesteuerten Muskelpartie.

Geschmeidiger Hüftbeuger

Um die Mobilität im Hüftbeuger zu trainieren, gehst du mit einem weiten Ausfallschritt in die Ausgangsposition. Halte dabei den Oberkörper aufrecht. Achte darauf, mit der Lendenwirbelsäule nicht ins Hohlkreuz zu gehen und das Knie im Lot zum Fußgelenk zu halten. Es entsteht eine funktionelle Dehnung des Hüftbeugers (Foto 1). Halte diese Position einige Sekunden und drehe dich dann mit Oberkörper und geöffneten Armen zur Seite des vorderen Standbeins. Das hintere Bein knickt leicht im Knie ein. Nun versuchst du, bei einer deutlichen Spannung des Hüftbeugers mit der nach hinten führenden Hand die Hacke zu berühren (Foto 2). Halte auch diese Position einen Moment, bevor du die Seite wechselst. Versuche, mit der Atmung die Spannung und Entspannung zu steuern.

 

Funktionsgymnastik: Obwohl eine ganze Reihe althergebrachter Dehnungs- und Kräftigungsübungen nach dem aktuellen Stand der Sportwissenschaft wegen möglicher Nebenwirkungen nicht mehr durchgeführt werden sollten, sieht man hier und da immer wieder Athleten, die unwissend und althergebracht üben. Im Folgenden werden diese Übungen sowie funktionelle, bessere Alternativen dargestellt.

ÜBUNGSZIEL
könnten problematisch sein [mehr]
alternativ
Kräftigung der Beinmuskulatur
Entengang
Starke Überbelastung der Kniegelenke (Menisken und Bänder).
Mit dem Rücken an eine Wand lehnen und die Knie beugen. Winkel im Kniegelenk nicht unter 90º. 
Dehnung der Rücken- u. hinteren Beinmuskulatur
Rumpfbeuge im Lang- und Grätschsitz
Erhebliche Druckbelastung im Lendenwirbelbereich.
In Rückenlage ein Bein auf den Boden legen und das andere Bein angewinkelt aufstellen. Das angewinkelte Bein am Oberschenkel fassen und zur Brust ziehen. Fußspitze anziehen, das andere Bein gestreckt lassen. Mit den Armen nachgeben und das Bein strecken und in dieser Position halten.
Beweglichkeit der Hüftgelenke und Dehnung der hinteren Oberschenkelmuskulatur
Hürdensitz
Überdehnung des Innenbands im abgewinkelten Kniegelenk und Überlastung des Innenmeniskus. Unfunktionelle Beanspruchung der Lendenwirbelsäule.
Standbein leicht gebeugt und das andere Bein gestreckt auf die Ferse stellen. Die Fußspitze anziehen, und das Becken langsam nach hinten schieben, bis die Dehnung in der hinteren Oberschenkelmuskulatur zu spüren ist. Der Rücken bleibt gerade.
Mobilisation der Wirbelsäule durch die Dehnung der Rückenmuskulatur
Pflug
Überlastung der Hals- und Brustwirbelsäule. Das hintere Längsband der Wirbelsäule wird überdehnt.
Auf den Rücken legen. Kopf und Beine heben und die Knie vorsichtig so nah wie möglich zur Stirn ziehen.
Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule und Dehnung der hinteren Oberschenkelmuskulatur
Holzhackerübung
Wippen und Federn bewirken keine Dehnung der Muskulatur. Außerdem erhebliche Belastung der Bänder und der Lendenwirbelsäule.






Im Fersensitz den Oberkörper auf die Oberschenkel ablegen  und sich zusammenrollen. Die Arme seitlich neben die Unterschenkel legen. Auch die seitliche Embryohaltung dehnt die Rückenmuskulatur bei gleichzeitiger Schonung der Wirbelsäule.
Beweglichkeit des Rumpfes, Dehnung der hinteren Oberschenkelmuskulatur und der Rückenstrecker
Diagonale Rumpfbeuge
Wippen und Federn bewirken keine Dehnung der Muskulatur. Drehung der Wirbelsäule verursacht erhöhte Beanspruchung im Lendenbereich.
Hinknien und vorne mit etwas gebeugten Armen abstützen. Die Beine und Arme sind schulterbreit auseinander. Die Wirbelsäule nach oben drücken und einen Katzenbuckel machen.
Dehnung der hinteren Oberschenkelmuskulatur
Rumpfvorbeuge im einbeinigen Stand
Überlastung der Lendenwirbelsäule.
Ein Bein gestreckt z. B. auf einen kleinen Hocker stellen und die Fußspitze anziehen. Das Standbein ist leicht gebeugt. Mit geradem Rücken nach vorn beugen  und das Becken nach hinten schieben.
Gleichgewichtsübung und Dehnung der vorderen Rumpfmuskulatur
Diagonale Rumpfrückbeugung im Stand
Überlastung der Lendenwirbelsäule durch Hohlkreuzbildung und Drehbewegung.

In Rückenlage die Arme neben den Kopf legen. Arme strecken und die Hände möglichst in Bodennähe lassen. Zur Unterstützung der Wirbelsäule kann man ein flaches Kissen oder Handtuch unter den Lendenbereich legen.
Dehnung der vorderen Rumpfmuskulatur
Schwalbennest
Lendenwirbelsäule wird in unnatürliche Hohlkreuzhaltung gezogen. Die Muskulatur, die eigentlich gedehnt werden soll, wird angespannt.
Auf Unterschenkel/Füße setzen, die Arme nach vorne strecken und Brustbein in Richtung Boden drücken.
Ganzkörperentspannung und Dehnung der Rumpfvorderseite
    Partnerübung Aushängen
    Überlastung der  Lendenwirbelsäule durch die Hohlkreuzstellung. Die Muskulatur wird eher angespannt als entspannt.
In Schulterhöhe die Arme anwinkeln und die Ellenbogen langsam nach hinten führen.
Kräftigung der Rücken- und Schultermuskulatur

Ballwurfübung in Bauchlage
Starke Hohlkreuzstellung und extreme Anspannung belasten die Lendenwirbelsäule.

Hinknien und vorne mit leicht gebeugten Armen abstützen. Das rechte Bein strecken und den linken Arm bis in die Waagerechte heben, aber nicht höher. Dann mit der anderen Körperseite wiederholen  .
Kräftigung der Rückenmuskulatur und Dehnung der hinteren Oberschenkelmuskulatur

 

Rumpfvorhalte
Hohe Druckbelastung in der Lendenwirbelsäule.
Mit leicht gebeugten Beinen hinstellen, den Oberkörper leicht nach vorne beugen und die Arme in Verlängerung des Rückens nach oben strecken. Wichtig ist, dass der Rücken gerade bleibt.
Kräftigung der Rückenmuskulatur
Bauchwippe
Extreme Hohlkreuzstellung mit starker Überlastung der Lendenwirbelsäule.
Auf den Rücken legen und die Beine angewinkelt aufstellen. Nun das Becken heben, bis die Körpervorderseite eine gerade Linie bildet.
Kräftigung der Bauchmuskulatur
Beinkreisen und Beinschere in Rückenlage
Der lange Hebel verbunden mit dem Gewicht der Beine zieht besonders Menschen mit schwächerer Bauchmuskulatur in ein starkes Hohlkreuz. Außerdem wird v.a. die Hüftbeugemuskulatur gekräftigt, die ohnehin bei den meisten Sportlern sehr ausgeprägt ist.
Auf den Rücken legen, die leicht gebeugten Beine zeigen nach oben. Dann das Becken vom Boden, ohne dass die Beine weiter Richtung Kopf wandern.
Kräftigung der Bauchmuskulatur
Sit ups
Zu große Belastung der Lendenwirbelsäule.  Trainiert werden vorrangig die Hüftbeuger (s.o.).
Auf den Rücken legen. Die Beine liegen so z. B. auf einem Hocker, dass die Oberschenkel senkrecht und die Unterschenkel waagerecht sind. Kopf und Schulter langsam vom Boden abrollen, bis die Hände den Hocker erreichen.
Kräftigung der Bauchmuskulatur
Klappmesser
Starke Belastung der Lendenwirbelsäule und überwiegend Kräftigung der Hüftbeugemuskulatur.
In Rückenlage die angewinkelten Beine aufstellen. Die Fersen gegen den Boden drücken. Dann Kopf und Schulter etwas vom Boden abheben. Kopf zur Brust nehmen.
Kräftigung der schrägen Bauchmuskulatur
Beinpendel (Seitliches Werfen der Beine in Rückenlage)
Starke Hohlkreuzbildung mit Drehbewegung der Lendenwirbelsäule.
In Rückenlage die angewinkelten Beine Überkreuzen. Die Schultern vom Boden nehmen und im Wechsel die rechte Hand gegen das linke Knie drücken, dann die linke Hand gegen das rechte Knie.
Beweglichkeit der Halswirbelsäule
Kopfkreisen
Überlastung der Gelenke, Bänder und Zwischenwirbelscheiben, da die Halswirbelsäule für derartige Drehbewegungen ungeeignet ist.
Das Neigen des Kopfes zur Seite, das Kippen nach vorn und leicht nach hinten und das Drehen nach rechts und links gehören zu den natürlichen Bewegungen des Kopfes und damit der Halswirbelsäule.
Mobilisation des Rumpfes
Rumpfkreisen
Überbelastung im Lendenwirbelbereich. 
Im Stand einen gebeugten Arm seitlich über den Kopf nehmen. Mit der anderen Hand den Arm leicht nach außen ziehen, ohne Schultern und Hüfte zu verdrehen.
Kräftigung der Kniebeuger
Beincurls bäuchlings
Starke Belastung der Lendenwirbelsäule durch die Hohlkreuzstellung.
Unbedingt eine geeignete Curlbank mit einem Knick im Hüftbereich verwenden.

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