Starkes Immunsystem, starke Leistung verschiedene Quellen 11/2020

Die Immunabwehr – Unsere körpereigene Unfallversicherung

Die Immunabwehr besteht aus einer Vielzahl von Organen, Zellen und Molekülen mit unterschiedlichen Funktionen. Diese sind gemeinsam in der Lage, uns vor vielen unterschiedlichen Gefahren zu beschützen. Dabei geht es nicht nur um die Abwehr von äußeren Reizen, sondern auch um den Umgang mit körpereigenem Gewebe. Haben wir uns verletzt, so hängt die Wundheilung vom Immunsystem ab.

Wie funktioniert die Immunabwehr?

Auslöser für eine Immunreaktion ist immer ein Reiz. Je nach Reiz werden folgend durch bestimmte Botenstoffe (Zytokine) die zuständigen Spezialeinheiten alarmiert und zum Gefahrenort gelotst. Was als nächstes passiert, bestimmt ein empfindliches Gemisch an Botenstoffen gemeinsam mit der Wahrnehmung der Immunzellen über verschiedene Rezeptoren. Dieses Geschehen nennt sich Entzündung. Eine Entzündung ist also ein lebensnotwendiger Schutz und gleichzeitig der Beginn der Heilung.

Was versteht man unter spezifischer und unspezifischer Immunabwehr?

Stark vereinfacht kann man sagen, dass wir zwei Möglichkeiten der körpereigenen Abwehr besitzen, um auf einen Reiz zu reagieren:

Die unspezifische Abwehr, also das angeborene Immunsystem, ist unsere erste Verteidigungslinie. Zu ihr gehören alle Barrieren, wie z. B. Haut, Lunge oder Darm. Weiterhin aber auch nicht spezifische Immunproteine sowie Makrophagen, die sogenannten „Fresszellen“, die zu den weißen Blutkörperchen gehören und für die Vernichtung von Bakterien, Viren oder Toxinen zuständig sind. Diese erste Verteidigungslinie schützt uns tagtäglich vor möglichen Krankheitserregern und agiert dabei schnell und effizient. Schon nach Minuten bis Stunden sind Eindringlinge eliminiert und wir merken noch nicht einmal etwas davon.

Für alles, was es dann doch hinter die Barriere geschafft hat und sich im Körper ausbreiten möchte, gibt es die zweite Verteidigungslinie, die spezifische Abwehr, oder auch adaptive Immunabwehr. Wie der Name schon vermuten lässt, gibt es hier eine Besonderheit, denn dieser Teil des Immunsystems ist in der Lage zu lernen. In der Kindheit durchlaufen wir immer wieder verschiedene Krankheiten und lernen ständig neue Oberflächenstrukturen kennen, welche helfen, unsere spezifische Immunabwehr zu „trainieren“. Dadurch entwickeln wir eine Immunität oder eine Toleranz gegen Antigene (körperfremde Substanzen).

Wie können Probiotika mein Immunsystem stärken?

Probiotika sind wortwörtlich in aller Munde, denn wir nehmen diese lebenden Mikroorganismen meist über unsere Nahrung oder auch als Nahrungsergänzung zu uns. Aus der aktuellen Forschung geht immer deutlicher hervor, dass probiotische Kulturen einen Effekt auf unterschiedliche Erkrankungen haben und dadurch auch unsere Gesundheit beeinflussen. Doch wie genau wirken Probiotika auf unser Immunsystem?

Long story short: Warum sind Probiotika wichtig für das Immunsystem?

Probiotika unterstützen unseren Körper bei der Ausbildung und Aufrechterhaltung einer gesunden Immunabwehr. Von Geburt an sind wir Mikroorganismen ausgesetzt, die schon beim Geburtsvorgang beginnen, unsere Haut, unseren Mund und den Darm zu besiedeln. Und das ist auch gut so – denn diese Besiedelung ist eine Symbiose, von der beide Seiten etwas haben: Wir bieten einen Lebensraum und profitieren von einer Vielzahl an Aufgaben, die das Mikrobiom für uns übernimmt. Einer der wichtigsten Vorteile für uns ist der Schutz vor krankheitserregenden (pathogenen) Keimen und das Training unserer körpereigenen Abwehr – gerade in der Kindheit. Das Mikrobiom stellt für dieses Training eine Art Sparring-Partner dar, an dem unsere Immunabwehr „reifen“ darf. Dadurch bildet sich nach den ersten Lebensjahren, das sogenannte erworbene oder auch spezifische Immunsystem aus.

Bakterien sind nicht gleich Bakterien…

Seit einigen Jahren setzt man Bakterien nicht mehr mit Pathogenen (Krankheitserregern) gleich. Vielmehr ist akzeptiert, dass der Großteil der mit uns lebenden Bakterien symbiontischer Natur ist, also mit uns als Wirt in wechselseitigem Einklang lebt. Diese Symbionten begleiten uns von Geburt an bis in hohe Alter. Unsere Flora prägt vorwiegend über den Darm das Profil unseres Immunsystems. Diese Partnerschaft wurde durch viele Jahrtausende Koevolution geschmiedet und zeichnet sich durch einen molekularen Austausch aus. Bakterielle Substanzen kommunizieren mit unserer Immunabwehr und sorgen dafür, dass sie besser in der Lage ist gegen pathogene Keime zu arbeiten – sie wird „robuster“.

Bevor wir aber von dieser gesteigerten Widerstandsfähigkeit profitieren, steht unser spezifisches Immunsystem vor einer riesigen Aufgabe: Es muss einerseits lernen, zwischen körpereigen und körperfremd zu unterscheiden. Gleichzeitig muss es bei der enormen Menge an körperfremden Mikroorganismen eine Toleranz für Symbionten und eine Aggressivität gegen pathogene Keime erlernen. Ist die Toleranz zu groß, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, an einer Infektion zu sterben. Ist sie zu gering, steigt die Wahrscheinlichkeit eine Allergie gegen ungefährliche Pollen zu entwickeln. Haben wir ein „gesundes Maß“ dazwischen gefunden, erhöht sich unsere Widerstandsfähigkeit.

Was ist der Zusammenhang zwischen Darm und Immunsystem?

Ca. 80% aller Immunzellen sind im Darm ansässig, was anhand der großen Oberfläche (bzw. Barriere) auch Sinn macht: Die über 500 Quadratmeter große Schnittstelle zur Außenwelt ist die größte Interaktionsfläche mit körperfremden Antigenen im Körper.

Unser Immunsystem muss nun bei jeder Nahrungsaufnahme entscheiden, ob etwas Gefährliches oder Körperfremdes hinter die Barriere gerutscht ist und zu einer Gefahr für uns wird. Dabei dient eine gesunde und ausgewogene Darmflora als zweiter Schutzschild, denn der Biofilm aus „guten“ Bakterien sorgt dafür, dass es “schlechte Bakterien”, also Krankheitserreger, schwerer haben, sich einzunisten.

Zwischen dem Darm und dem Immunsystem besteht also eine große Schnittstelle und dies schon von Geburt an. Denn in der Muttermilch befinden sich nicht nur Nährstoffe, welche das Kind versorgen, sondern auch Immunproteine, wie Lactoferrin und bestimmte Ballaststoffe wie humane Milch Oligosaccharide (hMOS). Diese haben einen beachtlichen Einfluss auf die kindliche Darmflora und damit auch auf die Entwicklung des kindlichen Immunsystems. Aber nicht nur bei der Prägung der kindlichen bzw. angeborenen Immunabwehr spielt die Darmflora eine große Rolle, sondern auch bei chronischen Erkrankungen. Ändert sich die Zusammensetzung der Mikroorganismen in der Flora, so spricht man von einer Dysbiose. Diese sorgt für ein gesteigertes Entzündungsverhalten des Immunsystems und ist assoziiert mit einer Vielzahl von Symptomen und Erkrankungen.

Lactoferrin – der älteste Freund des Menschen

Das Immunprotein Lactoferrin ist Forschungsschwerpunkt diverser wissenschaftlicher Untersuchungen. So konnte gezeigt werden, dass Lactoferrin viele Eigenschaften aufweist, insbesondere solche, die die Funktion des Immunsystem betreffen: Als Teil des Immunsystems nimmt es Einfluss auf Entzündungsregulationen, moduliert das Immunsystem für eine „ökonomisierte“ Funktionsweise und hat antimikrobielle Eigenschaften. Lactoferrin nimmt dabei direkten Einfluss auf den Ablauf einer Entzündung, reguliert das Immunsystem und zeigt antientzündliche und antioxidative Eigenschaften.

Was schwächt die Immunabwehr?

Stress, auch „Übertraining
Durchlässige Darm-, Haut- oder Lungenbarrieren
Ungünstige Darmbakterienflora
Umweltbelastungen, Lärm, Smog
Mangel an Bewegung
Mangel an Regeneration
Zufuhr von schlechten Fetten (Omega 6, Transfette)
Erhöhte Mahlzeitenfrequenz
Hochkalorische Nahrungsmittel
Zucker
Bauchfett

Was stärkt die Immunabwehr?

Gesunde Ballaststoffe und fermentierte Nahrungsmittel sind der Nährboden für eine gesunde Darmflora. Befinden sich immer ausreichend Ballaststoffe in der Nahrung, so können wir sicher sein, dass unsere kleinen Bakterienfreunde in Symbiose mit uns Leben und wir voneinander profitieren. Ein ganz besonderer Ballaststoff kommt von unserem Ursprungskontinent Afrika, nämlich die Frucht des Baobab-Baumes. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass Naturvölker wie die Hadza, welche sich regelmäßig von Baobab ernähren, eine deutlich höhere Vielfalt in ihrem Mikrobiom, verglichen mit Westeuropäern, besitzen. Diese Vielfalt sorgt für ein gutes Gleichgewicht in der Flora und entlastet unser Immunsystem. Eine gesunde Darmflora wirkt wie eine zweite Haut, die Krankheitserreger und fremde Substanzen nicht so einfach durchdringen können. Damit unsere Haut-/Darmbarriere ebenfalls gut verschlossen bleibt, hilft die Aminosäure L- Glutamin. Diese verhindert die Verschlechterung der Darmdurchlässigkeit und erhält die Schleimhautstruktur. Dazu ist L- Glutamin für die Immunfunktion selbst ein wichtiger Bestandteil. Es dient z.B. der Vermehrung von Zellen der spezifischen Immunabwehr und hilft den Fresszellen der unspezifischen Immunabwehr die Aufnahmefähigkeit von körperfremden Substanzen zu erhöhen.

Ein Blick in die Evolution: Der Mensch gehört nach draußen – an die frische Luft und in die Sonne – um den Körper mit Vitamin D zu versorgen. Im Vergleich zu anderen Vitaminen hat Vitamin D eine Art Sonderstellung, denn der Körper kann es mithilfe von Sonnenlicht selbst herstellen, während nur ein geringer Teil über die Nahrung aufgenommen wird. Vitamin D wird im Körper an vielen Stellen gebraucht. Es trägt z.B. zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei und unterstützt den Erhalt der Zähne, Knochen und der Muskelfunktion. Wer nur wenig Zeit in der Sonne verbringt oder, wie fast alle Nordeuropäer, in einer Region mit geringer Sonneneinstrahlung lebt, kann das Immunsystem mit Vitamin-D- unterstützen.

Tipp: Die Immunabwehr gezielt durch die Ernährung stärken

Neben Baobab gibt es noch weitere pflanzliche Lebensmittel mit „guten“ Ballaststoffen, die sich sehr günstig auf unsere Darmflora auswirken:

Macadamia-Nüsse
Mandeln
Pistazien
Artischocken
Chicorée
Walnüsse
Haselnüsse
Blaubeeren
Himbeeren
Rote Johannisbeere
Brombeeren
Rosenkohl
Pastinake
Brokkoli
Grünkohl
Blumenkohl
Fenchel
Möhren
Paprika

Rezeptvorschlag Gemüsepuffer mit geräucherter Forelle und Wildkräutersalat

 

Immunsystem im Ausdauersport: Keine Leistung ohne den Alleskönner

Bekannte Probleme?! Erkältungen, die manchmal zur Grippe ausarten, Schmerzen in der Leiste, im Rücken, von denen keiner weiß, woher sie kommen. Schmerzen im Knie, auch keine Diagnose. Und dann zum guten Schluss geht im Training nichts voran. Und die Motivation saust auch noch in den Keller?

Ein Horrorszenario? Übertrieben? Vielleicht: Aber sich als Triathlet am Rande der Leistungsgrenze immer wohl zu fühlen, ist ziemlich trickreich, das heißt, es ist immer eine Gratwanderung, auf der man leicht das Gleichgewicht verlieren kann. Ein Tritt ins Leere und der Absturz folgt. Kalorien zu zählen, diese möglichst optimal nach Kohlenhydraten, Eiweiß und Fetten aufzuteilen und zum richtigen Zeitpunkt zu sich zu nehmen, ist eine Sache, Energieverteilung eine andere.

Die Regulation entscheidet über den Erfolg
Die Zuteilung der Energie, die in Stoffwechselprozessen entsteht, wird nämlich nicht durch die Kalorienzufuhr geregelt, sondern durch eine Vielzahl von Regulationsprozessen. Das Zauberwort heißt also Regulation. Wenn die Leistungsgrenze ständig provoziert wird, in der Hoffnung sie zu verschieben, und der Körper trotzdem im Gleichgewicht bleiben soll, dann braucht man sehr gut trainierte Regulationssysteme. Eine schwierige Sache: den Körper und die Psyche nicht zu über- oder zu unterfordern, also zu trainieren und zu regenerieren im individuell angepassten Rhythmus.

Triathlonsport ist allein schon durch den extremen Trainingsaufwand oft Stress pur und erfordert deshalb eine optimale biologische Stressantwort. Der Beste ist der, bei dem diese Stressantwort am besten optimiert ist. Dazu gehören ein Immun- und ein Nervensystem, sowie Hormone auf dem Höchststand der Leistungsfähigkeit. Eine perfekte Regulation bedeutet, jedes System funktioniert für sich optimal und die Kooperation zwischen ihnen ebenfalls.

Immunsystem, Nervensystem und Hormone – das Supersystem
Das Immunsystem ist nicht in erster Linie ein Abwehrsystem, sondern ein Regulationssystem. Zusammen mit Nervensystem und Hormonen (z. B. Cortisol, Adrenalin, Insulin) ist es das System, das die Stressantwort auslöst und kontrolliert. Das Immunsystem produziert Mediatoren wie Zytokine und Wachstumsfaktoren, die im Rahmen der Stressantwort und in Kooperation mit Nervensystem und Hormonen bestimmen, wohin Energie fließen soll, damit lebenswichtige Parameter konstant gehalten werden. Man bezeichnet diese drei auch als die Supersysteme der Regulation. Sie garantieren, dass sich Herz, Kreislauf und Atmung an die Erfordernisse anpassen, dass Energiedepots aktiviert werden, der Glukosespiegel im Blut nicht abfällt, die Körpertemperatur annährend konstant bleibt, dass die Muskeln Energie für ihre Arbeit erhalten und trotzdem alle lebenswichtigen Organe wie das Gehirn ausreichend mit Energie versorgt werden.

Das Immunsystem wird innerhalb der ersten Minute der Stresseinwirkung aktiviert. Es setzt eine Vielzahl an Zytokinen wie Interleukin-1, Interleukin-6 und Tumor-Nekrose-Faktor frei, die die Energieverteilung im Körper dem Bedarf entsprechend anpassen. Wenn nun Energie für Heilungsprozesse benötigt wird, die immer erste Priorität im Rahmen der Energieverteilung genießen, dann fehlt diese Energie für andere Prozesse. Deshalb ziehen bei entsprechend großer körperlicher Belastung schon leichte gesundheitliche Beeinträchtigungen soviel Energie ab, dass man sich müde und schlapp fühlt.

Ein Teufelskreis: Geschwächtes Immunsystem und Verletzungsanfälligkeit
Grundsätzlich gilt, dass körperliche Aktivität, das heißt Sport in angemessener Intensität an die individuellen Bedürfnisse angepasst, das Immunsystem aktiviert und somit Krankheiten vorbeugt. Als Triathlet gehört man aber zu den Sportlern, die unter extremer Belastung stehen und deshalb häufig eine zu geringe Aktivität des Immunsystems aufweisen. Man erklärt sich das in etwa so: Ausdauertraining ist immer mit vielen kleinsten Verletzungen in der Muskulatur und anderen Geweben verbunden. Diese Muskelfaserrisse lösen Entzündungsreaktionen aus, die dem Heilungsprozess vorangehen. Entzündungs- und Heilungsprozesse sind die Domäne des Immunsystems. Wenn die Regenerationszeit zudem für das Immunsystem nicht ausreicht, um die katabole Stoffwechsellage, in der die Abbauprozess überwiegen, auszugleichen und im Anschluss, die Mikroverletzungen zu kurieren, dann kommt es zu einer Schwächung des Immunsystems mit den bekannten Folgen wie Verletzungsanfälligkeit, Schmerzsymptomen ohne fassbare Ursache, verzögerten Heilungsprozessen oder erhöhter Infektanfälligkeit. Wie Parasiten ziehen Verletzungen und Infektionen, die Energie für sich ab. Das kann bei Leistungssportlern soweit gehen, dass der Zustand des Immunsystems dem von Tumorpatienten ähnelt.

Es kann ein Teufelskreis entstehen, in dem sich das Immunsystem kaputt reguliert und sich ein Übertrainingssyndrom, ein chronisches Müdigkeitssyndrom oder eine Virusinfektion wie Pfeiffersches Drüsenfieber entwickeln können. Die richtige Balance zwischen Trainings- und Wettkampfbelastung sowie Regeneration zu finden, ist ein Kunststück, das im Training erarbeitet werden muss. Als Abwehrsystem ist das Immunsystem eigentlich immer gefordert, denn Viren und Bakterien begleiten uns immer und überall auf das Intimste. Jede Schwächung durch Infekte macht sich, aus den bereits besprochenen Gründen der veränderten Energieregulation, unmittelbar in einer verminderten sportlichen Leistungsfähigkeit bemerkbar. Gleiches gilt für den Prozess der Wundheilung.

Zytokine drosseln die Aktivität
Stoffwechselregulation, Wundheilung und Infektabwehr sind nicht die einzigen Territorien des Immunsystems. Auch unser Verhalten wird vom Immunsystem beeinflusst. So nötigen uns die entzündlichen
Zytokinen Interleukin-1, Tumor-Nekrose-Faktor und Interleukin-6, den Schongang einzulegen. Und wer könnte dieses Phänomen besser nachvollziehen als ein Sportler, der vergeblich versucht, seine beste Leistung abzurufen. Schon eine Verkühlung hindert einen an der Entfaltung des vollen Leistungspotenzials. Lustlosigkeit, Schlappheit, Schlafbedürfnis, Appetit- und Gewichtsverlust sind typische Symptome, die über eine Wirkung des Immunsystems (Zytokine) auf das zentrale Nervensystem ausgelöst werden.

Zusammenfassung und Praxistipps
Das Immunsystem ist vor allem ein Regulationssystem. Im Rahmen von Ausdauerleistungen und bei Stress beeinflusst es maßgeblich die Stoffwechselregulation und damit die Energieverteilung. In der Regenerationsphase koordiniert es Heilungsprozesse und ist an der Umstellung des Stoffwechsels auf Aufbauprozesse beteiligt. Gleichzeitig ist es immer als Abwehrsystem tätig. Bei Infektionen erfüllt es die ihm traditionell zugeordneten Aufgaben als Abwehrsystem. Als Entzündungs- und Heilungssystem liegt auch die Wundheilung in seiner Hand.

Als Triathlet muss man deshalb auf Zeichen achten, die eine Immunschwäche ankündigen. Solltest du folgendes beobachten, dann sind weitere Trainingsreize unwirksam und führen zu einer Verschlechterung der Symptomatik: Eine verlängerte Regenerationszeit, ungewohnte Müdigkeit, Lippenherpes, schlechter Schlaf trotz Müdigkeit, schlechter Appetit trotz hohem Kalorienverbrauch, plötzlich ohne ersichtlichen Grund auftretende Schmerzen, schlecht heilende Wunden oder zunehmende Infekt- und Verletzungsanfälligkeit, um nur einige Hinweise auf ein geschwächtes Immunsystem zu nennen. Die große Kunst des Trainierens ist es letztlich, den eigenen Rhythmus zu finden, indem sich Belastung und Regeneration abwechseln müssen.

Zytokine: Moleküle für die Zellkommunikation

Zytokine sind kleinste Moleküle (Peptide, sie sind kleiner als Eiweiss-Moleküle), die von sehr vielen unterschiedlichen Zellen produziert werden, z. B. von den Zellen des Immunsystems und Nervensystems, aber auch von Epithelzellen, die Oberflächen wie den Darm oder die Bronchien überziehen.

Als Funktion übernehmen Zytokine die Zellkommunikation. Sie docken an den Rezeptoren an, die komplementäre Form zu ihnen aufweisen. Rezeptoren sind Moleküle von hoher Formflexibilität, die auf beinahe allen Zellmembranen sitzen. Eine Interaktion zwischen Rezeptor und Zytokin führt zu einer Signalübertragung in den Zellkern. Werden ausreichend viele Signale gesendet, dann antwortet die Zelle angepasst an ihre Möglichkeiten, sie vermehrt sich z. B. und wird als Zelle mit einem charakteristischen Profil an Eigenschaften aktiv. Welche Eigenschaft im Zellkern über die DNA-Transkriptionen aktiviert werden, hängt von der Art des Signals (Qualität) und von der Signalstärke (Quantiät) ab.

Wie reagiert die Zelle?
Die Zytokine sind wesentlich an der Entstehung unterschiedlicher Aktivitätszustände von Zellen und Geweben beteiligt. In Abhängigkeit vom Zytokinmilieu entwickeln sich unterschiedliche Milieus, die Zellfunktionen verändern. Die wichtigsten Milieus, die man unterscheidet, sind entzündungsfördernde und entzündungshemmende Milieus. Der Körper pendelt ständig zwischen diesen zwei Zuständen.

Interleukin-1 (IL-1) und Interleukin-6 (IL-6) ebenso wie Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) sind wichtige Botenmoleküle im Rahmen von Entzündungsprozessen. IL-1 und TNF sind wichtige Startermoleküle bei Entzündungen, IL-6 spielt viele Rollen, auch als Stoppsignal der Entzündung oder als Signalmolekül des Muskelzelle an die Leber, wenn die Kohlenhydratspeicher im Muskel leer sind.

Auswirkung auf den Gemütszustand
Über jedes einzelne Zytokin ließe sich eine Menge mehr sagen. Wichtig ist dabei, dass diese Moleküle auch unser Verhalten von der Depression bis hin zur Euphorie beeinflussen.

Training und Immunsystem

 

Immunsystem: Der Steuermann des Stoffwechsels und der Energieverteilung

Triathlon läuft selten unter der Kategorie einer moderaten sportlichen Belastung, sondern bedeutet in vielen Fällen körperliche Stressbelastung pur. Um den Anforderungen unter Stress gewachsen zu sein, besitzt der Körper drei auf das engste vernetzte Systeme, die alle Prozesse im Körper koordinieren und gegebenenfalls beschleunigen: Das Nervensystem, das Immunsystem und die Hormone. Wir wollen die Ereignisse aus dem Blickwinkel des Immunsystems beobachten: Wie dieses den
Stoffwechsel unter Stress regelt und Entzündungs- und Heilungsprozesse erzeugt und steuert, die wiederum die Verfügbarkeit von Energie zu ihren Gunsten verändern. Beide Aspekte beeinflussen die Energiebilanz des Ausdauersportler der extremeren Sorte.

Der Energiehaushalt ist eine sehr sensible dynamische Größe. Steigt die Körpertemperatur nur um 1° Celsius, steigt der Energieverbrauch um 10 bis 15 Prozent. Ebenso erhöhen Schmerzen, Aufregung oder ein erhöhter Muskeltonus den Energiebedarf. Infekte und Verletzungen können mit bis zu 30 Prozent Erhöhung zu Buche schlagen. Es wird deutlich, wie schnell sich das eigene Energiegleichgewicht verändern kann und damit die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird.

Energieversorung folgt einem hierarchischen Prinzip
Die Energieverteilung folgt dabei einer strengen hierarchischen Ordnung. Ganz oben in dieser Pyramide steht der Heilungsprozess. Das bedeutet, dass erzeugte Energie zu aller erst den Heilungsprozessen im Körper zugeteilt wird. Bei dieser Energieverteilung spielt das Immunsystem die zentrale Rolle. Krankheiten und Verletzungen verhalten sich also wie energieabsaugende Parasiten. Als nächstes werden die für ein Überleben zentralen Organe wie Gehirn, Lunge, Herz und Nieren mit Energie versorgt. Aus dieser hierarchischen Energiepyramide sieht man deutlich, was passiert, wenn ein Energiedefizit vorliegt oder die Regulationssysteme versagen:

Auch ein gut trainierter Sportler kann deshalb einen Anstieg der Körpertemperatur und der Atemfrequenz, einen Abfall des Glukosespiegels, das Versagen der Muskeln, Herzrhythmusstörungen oder gar einen Kreislaufkollaps erleben.

Stress fordert das Immunsystem als Stoffwechselregulator
Das Immunsystem ist vor allem dann in die Stoffwechselregulation eingebunden, wenn die körperliche Belastung so groß wird, dass die Stressverarbeitungsprogramme des Körpers aktiviert werden müssen. Denn je größer die Stressbelastung während des Trainings oder des Wettkampfes wird, desto mehr Anpassungsleistungen werden dem Körper abverlangt.

Bei einer Ausdauerbelastung im Grundlagenausdauerbereich gleicht die Stoffwechselsituation der im Hungerzustand und ist relativ stabil. Der Fettstoffwechsel dominiert und eine Ökonomisierung der Energieversorgung aller Organfunktionen erfolgt und gelingt auch in der Regel. Anders ist dies, wenn im Wettkampf Höchstleistungen gefordert sind. Es etabliert sich eine Akut-Phase-Antwort, die mit einer Abnahme der Stabilität des Körpers verbunden ist. Irgendwann sind die Energiedepots erschöpft und Regulationsprozesse stoßen an ihre Grenzen: Muskeln machen dicht, die Darmschleimhaut macht dicht, die Bronchien machen dicht... Viele kennen diese Probleme bei Höchstbelastung. Wenn man mit einem angeschlagenen Immunsystem an den Start geht, das mit Heilungsprozessen beschäftigt ist, dann stößt die Energieversorgung zudem um vieles schneller an ihre Grenzen.

Zytokine regulieren den Fluss der Energie
Eine Vielzahl an Regulationsprozessen garantiert, dass sich Herz, Kreislauf und Atmung an die Erfordernisse anpassen, dass Energiedepots aktiviert werden, der Glukosespiegel im Blut nicht abfällt, die Körpertemperatur annähernd konstant bleibt, dass die Muskeln Energie für ihre Arbeit erhalten und trotzdem alle lebenswichtigen Organe wie das Gehirn ausreichend mit Energie versorgt werden. Das Immunsystem wird innerhalb der ersten Minute der Stresseinwirkung bereits aktiviert. Es leitet zusammen mit dem autonomen Nervensystem die biologische Stressantwort ein, die von Seiten des Immunsystems durch die Freisetzung bestimmter Zytokinprofile charakterisiert ist. Die Kohlenhydratspeicher in Muskel und Leber werden durch diese aktiviert und Glukose als effizientester Energieträger an die Orte des Bedarfs transportiert. Zytokine koordinieren so u.a. die Körperfunktionen im Akutfall.

Hartes Training und Wettkampf: Immer ein Drahtseilakt
Man bezeichnet die typischen biologischen Reaktionen im Rahmen von Stress wie beschrieben auch als Akut-Phase-Antwort. Je höher die Belastung wird, desto eher entwickelt sich eine für Stressreaktionen typische sensible Stoffwechselsituation, in der die Abbauprozesse langsam überhand nehmen und der Gleichgewichtszustand des Körpers an Stabilität verliert. Zytokine wie Interleukin-1, Tumor-Nekrose-Fraktor und Interleukin-6 sind zentrale Stoffwechsel-Akteure, indem sie die Glukoseströme dirigieren und die Abbauprozesse von Kohlenhydraten und Fetten anheizen. Sie fördern aber auch Entzündungsprozesse, die im Rahmen der Stressantwort jenseits der Grundlagenausdauerbelastung immer eine wichtige Rolle spielen, erhöhen die Durchlässigkeit der Gefäße und bei chronischem Stress wird unter ihrem Einfluss Muskeleiweiß abgebaut. Die Gegenregulation durch andere Zytokine des Immunsystems wie Interleukin-4 oder -10 ist deshalb ebenso wichtig. Anhand dieser Beispiele kann man ansatzweise ersehen, wie viele Faktoren optimal zusammenspielen müssen, damit das Leistungsniveau erhalten bleibt.

Entzündungs- und Heilungsprozesse entziehen dem Muskel Energie
Eine Stressantwort wird immer von Entzündungsprozessen begleitet. Im Rahmen von Stresseinwirkungen verändern sich nicht nur Parameter wie Herzfrequenz, Blutdruck oder Atemfrequenz, auch die Durchlässigkeit der Schleimhäute erhöht sich kritisch und stellt vermehrte Anforderungen an das Immunsystem. Zudem können bereits bestehende Beschwerden vom banalen Schnupfen bis zu chronischen Verletzungen die Energiebilanz und ihre Regulation dramatisch beeinflussen.
Die riesigen Schleimhautoberflächen von Darm (300 bis 400 qm) und Bronchien (70 bis 80 qm) werden ständig von einer immensen Flut von Antigenen (Nahrung, Bakterien, Viren, anorganischen Partikel) überschwemmt. Daraus resultieren Abertausende von Signalen, die in erster Linie vom Immunsystem verarbeitet werden. Diese Verarbeitungsprozesse an den Grenzflächen nach Außen manifestieren sich in unterschwelligen Mikroentzündungsprozessen bzw. Immunreaktionen, die ständig gebremst werden müssen, um keine Kollateralschäden zu verursachen. Dieser latente Entzündungszustand, den wir letztlich weder durch ein beeinträchtigtes Wohlbefinden noch durch Schmerzen oder durch andere Erkrankungen wahrnehmen, wird ab einer bestimmten Dimension zur Erkrankung.

Stress-Situationen verschlimmern Entzündungszustände und können deshalb Erkrankungen zum Ausbruch bringen. Das kann ebenso eine Allergie, eine Infektion, eine Verletzung, wie auch ein Muskelfaserriss oder eine Sehnenreizung oder aber eine chronische Schmerzsymptomatik sein. Bestimmte Zytokine des Immunsystems spielen eine besondere Rolle, wenn es darum geht, die START- und STOPP-Signale der Mediatoren des Entzündungsgeschehens zu koordinieren und im Gleichgewicht zu halten. Diese Zytokine steuern auch den Energiefluss im Körper. Es handelt sich wiederum um die Interleukine eins und sechs. Aufgrund der ständigen Reizflut von Außen, aber auch von Innen, befindet sich der Organismus unter stetem Entzündungsdruck, der Gegenregulation benötigt, um zu Überleben.
Unter Stress wie Wettkampfsituationen kann die Schleimhautbarriere sogar soweit zusammenbrechen, dass keine Resorption mehr erfolgt. Der Darm reagiert nicht mehr, verhält sich wie gelähmt. In dieser Phase ist das Immunsystem besonders gefordert, da Bakterien und Toxine in den Organismus eingeschwemmt werden können und einen Teufelskreis der Immunprovokation einleiten.
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Praktisches
Es handelt sich immer wieder um die selben altbekannten Tipps, die, auch wenn sie allen einleuchten, in der Praxis viele kontroverse Diskussionen auslösen und immer eine individuelle Anpassung erfordern: Optimale Trainingsmethode, Ernährungskonzept oder besser gute Essgewohnheiten, nicht zu vergessen mentales Training - die Methoden ebenfalls ein Streitpunkt - und entsprechende unterstützende Maßnahmen aus dem breiten des ebenfalls heiß diskutierten Fächers der Nahrungsergänzungen.

 

Stoffwechsel: Mit welchem Benzin arbeitet der Organismus S. Kräftner / tri2b 2005

Stoffwechselregulation und Energieverteilung werden nicht allein durch Kalorienzufuhr geregelt. Es sind gut trainierte Regulationssysteme erforderlich, die den Körper auch dann in einem stabilen dynamischen Gleichgewicht halten, wenn die Leistungsgrenze ständig gereizt wird, um sie zu verschieben. Glukose ist der beste Brennstoff des Organismus, das heißt, das effizienteste Energietransportmolekül.

Fett, Kohlenhydrate und Eiweiß können vom Organismus über unterschiedliche Stoffwechselwege in Glukose umgebaut werden. Welche Stoffwechselwege eingeschlagen werden, hängt vom Ausmaß der Stressbelastung und den zur Verfügung stehenden Depots ab. Der Körper besitzt Kohlenhydratspeicher in der Muskulatur und in der Leber, Fett wird im Fettgewebe und Muskel gespeichert, Eiweißdepots gibt es hingegen nicht. In Abhängigkeit von den körperlichen und/oder psychischen Belastungen bzw. Stressoren wird eine biologische Stressantwort ausgelöst, die Energie mobilisiert und verteilt. Diese Antwort gehorcht strengen Regeln der Regulation.

Kohlenhydrate: Das Superplus-Benzin
Umso mehr Kraft der Muskel erzeugen und umso rascher die Energie zur Verfügung stehen muss, desto stärker wird der Kohlenhydratstoffwechsel strapaziert (hochintensive Trainingseinheiten). Der Energiebedarf des Muskels steigt im Vergleich zum Ruhezustand bis auf das 100-fache an und wird zunehmend von der anaeroben Kohlenhydratverbrennung abhängig. Die Kohlenhydratspeicher im Muskel und in der Leber werden unter hoher Belastung als erstes verbraucht, da dieser Stoffwechselweg am wenigsten Energie kostet und auch ohne Sauerstoff, d.h. anaerob funktioniert.

Fette: Der Diesel
Eine zweite wichtige Energiequelle ist der Fettstoffwechsel. Dabei werden freie Fettsäuren in den Mitochondrien in Glukose umgebaut. Dieser Weg benötigt Sauerstoff und stellt die Energie weniger rasch bereit. Für den Sprinter ist diese Form der Energiebereitstellung zu langsam (Energie für Grundlagenausdauer).

Am Energie-konsumierendsten für den Körper ist die Energiegewinnung aus Eiweiß, dabei werden letztlich Aminosäuren in Glukose umgebaut. Wenn der Körper beginnt Muskeleiweiß aus der Muskelmasse zur Energiegewinnung abzubauen, dann liegt dem entweder Unter- oder Mangelernährung, oder aber eine chronische Erkrankung zugrunde. In der Regel halten sich die Abbau- und Aufbauprozesse (katabole und anabole) im Gleichgewicht und die Muskelmasse bleibt konstant. Die Eiweißsynthese im Muskel findet nur in Phasen der Ruhe statt. Erhöhte Stickstoffwerte im Harn deuten auf einen erhöhten Eiweißstoffwechsel hin. Energie wird beim Sportler jedoch nicht nur für Muskelarbeit benötigt, sondern zunächst für alle lebenswichtigen Körperfunktionen.

Stress: Reaktion unter strengen Regeln

In diesem Zusammenhang gebrauchen wir den Begriff Stress streng biologisch. Unter einer Stressreaktion versteht man den Ablauf bestimmter Prozesse nach strengen Regel, wobei das Immunsystem, das autonome und zentrale Nervensystem und die Hormone involviert sind. Der Organismus unterscheidet hierbei nicht zwischen physischem und psychischem Stress.

Sehr wichtig für die Anpassung des Körpers an Stresssituationen ist der Hypothalamus, die Hypophyse und die Nebenniere. In dieser Achse kooperieren die drei Supersysteme der Regulation Immunsystem, Nervensystem und Hormone über Cortisol, Adrenalin und Zytokine auf das Engste, um Organfunktionen und Organsysteme an die veränderten Bedingungen anzupassen und zu steuern.

 

Muskelanpassung


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